Ich mache mal wieder stille Zeit und lese das Matthäusevangelium. Eigentlich kenn ich es ziemlich gut, und die tiefen, auch manchmal harten, Wahrheiten sollten mich nicht mehr erschrecken. Trotzdem stutze ich immer wieder. So wie heute bei der Stelle der Feindesliebe.

AnnalenaAnnalena Schuh

„Liebt eure Feinde, segnet die, die euch verfolgen“, so steht es da (in Matthäus 5:44) und jeder vernünftige Mensch würde sich an diesem Punkt auf den Kopf greifen. Verständlicherweise. Es wirkt ja völlig kontra-intuitiv seine Feinde zu lieben.
Wie soll ich bitte die Person lieben, die mir den Tag versaut, die mich zutiefst verletzt, oder die mir, und meinen Liebsten, Gewalt antut?

Wer sind meine Feinde?

Bei Feinden denken wir sofort an eine Gruppe bewaffneter und gewaltbereiter Menschen. Das ist natürlich nicht falsch. Doch Feinde finden wir – leider – auch in anderen Lebens- und Gedankenbereichen. Denken wir an Menschen, die uns emotional terrorisieren oder psychisch unter Druck setzen.
Ich will eine kleine Geschichte aus meinem Leben erzählen, wo ich aktiv meine „Feindin“ geliebt habe.

Von der Feindin zur Freundin

Lara war meine Klassenkollegin. Sie war auffallend intelligent, hatte eine Antwort zu jeder Frage und noch dazu hatte sie den coolsten Style der ganzen Klasse. Ich konnte sie also nicht mögen. Außerdem sah ich sie sofort als Konkurrentinnen. Meine Konklusion: Lara ist blöd.

Als ich begonnen habe meine Gedanken zu reflektieren, fiel mir deren Unsinnigkeit auf. Es musste was getan werden. Da erinnerte ich mich an Jesu Worte und begann für meine „Feindin“ zu beten. Auch im Umgang mit ihr bemühte ich mich den Kontakt zu vertiefen und sie durch Gespräche zu lieben.

Um diese lange Rede kurz zu machen, will ich nur erwähnen, dass wir bald eine Freundschaft aufgebaut haben. Ich fand heraus, dass sie eine richtig coole Frau war und selbst mit Unsicherheiten und Eifersucht (die Wurzel meiner Abneigung ihr gegenüber) zu kämpfen hatte.
Lara wurde meine engste Schulfreundin und die einzige, zu der ich noch heute Kontakt habe.

Heißt das, dass wir mit jedem unserer „Feinde“ befreundet sein werden? Nein, auf keinen Fall. Es kann allerdings passieren, also dürfen wir offen sein.

Außerdem schauen Feindschaften unterschiedlich aus. Ich werde zwar für die Taliban beten, sie aber ungern persönlich sehen und versuchen sie zu lieben. Und ich bin ehrlich. Die Stelle fordert mich noch immer heraus. Jedes Mal.

Jesus lebt in uns und liebt durch uns

Ich denke wir dürfen wissen, dass Gott mit uns geduldig ist, er versteht dass wir nicht für jeden unserer Feinde sofort beten können. Wir dürfen auch wissen, dass er uns die Kraft gibt die Feinde zu lieben. Aus uns selbst heraus können wir das sowieso nicht. Stellen wir uns uns selbst wie ein Gefäß vor, durch das Jesu Liebe durchfließt. Er ist es, der dann die Feinde liebt. Und das kann er. Das wissen wir. So offenbart er sich in seinem Wort.