FOMO = Fear Of Missing Out
Text Johannes Pichler
Alle deine Freunde sind auf einer Party, nur du nicht. Sie feiern und haben Spaß – und du bist nicht dabei… Kennst du das Gefühl, das man in so einer Situation hat? Die Angst, etwas zu verpassen (Fear of missing out – kurz: FOMO), kennt sicher jeder von uns. Aber wie gehen wir als Christen damit um? Gibt es überhaupt etwas, das man nicht verpassen sollte?
Das Wort FOMO gibt es vielleicht seit 20 Jahren, aber das Prinzip dahinter ist uralt: Wir Menschen sind auf Gemeinschaft angelegt, nur in ihr können wir wirklich gut leben. Diese Gewissheit ist tief in jedem von uns verankert. Wenn wir Angst haben, etwas zu verpassen, dann fast immer davor, eine Zeit oder Aktivität in Gemeinschaft zu verpassen. Niemand kann ohne andere Menschen überleben, geschweige denn glücklich leben. Heißt das also, dass wir immer nur dann glücklich sind, wenn wir in Gemeinschaft sind oder etwas erleben?
Ein falsches Dilemma
Deine FOMO spielt dir oft ein falsches Dilemma vor: „Entweder bist du in Gemeinschaft (und deshalb zufrieden) oder allein (und unzufrieden).“ Die Wahrheit ist aber, dass es mit Gemeinschaft, wie bei allem, das richtige Maß braucht. So auch von Aktivität und Passivität, ereignisreichen und ruhigen Zeiten. Du darfst es dir absolut mal gönnen, Partys oder Events abzusagen und nicht nur deshalb hinzugehen, weil alle kommen. Oder weil du sonst nichts zu tun hättest. Wer nie nichts tun kann, lebt an sich und am Leben vorbei. „Wer nicht Nein sagen kann, dessen Ja ist auch nichts wert“, so Theologe Johannes Hartl. Es ist nicht unhöflich, sondern eine reife Eigenschaft, ein klares Nein sagen zu können. Nicht so etwas wie „Vielleicht“ oder „Ich schau noch“, während du eigentlich „Nein“ meinst.
Mehr Möglichkeiten = Mehr verpassen
Zu nichts Nein sagen zu können und überall dabei sein zu müssen, betrifft heute sicher mehr Menschen als in früheren Generationen: Zwar gab es schon immer gemeinschaftliche Aktivitäten oder mögliche Erlebnisse, aber früher war der Horizont meistens auf die eigene Ortschaft eingeschränkt. Heute in unserer vernetzten Welt gibt es mehr Möglichkeiten als je zuvor. Daher auch die Gelegenheiten, viel mehr zu verpassen. Und durch Social Media kommt das alles innerhalb unseres Horizonts.
Ein paar Minuten Instagram
Wer FOMO sucht, der bekommt sie nach ein paar Minuten Instagram garantiert. Durch das Internet sehen wir nicht nur, was wir gerade alles verpassen, es scheint auch alles innerhalb unserer Reichweite zu bringen: Jeder, der die Mittel hat, kann Arabisch lernen, in Kryptowährung investieren, nach Burundi fliegen oder sich jedes denkbare Essen bestellen. Es scheint also, als stünde uns die ganze Welt offen, als gäbe es so viel zu erleben. Wenn man jemanden fragt, warum er etwas macht, bekommt man oft die Antwort: „Um Erfahrungen zu sammeln – die kann dir niemand mehr wegnehmen.“ Nie wird weitergefragt: „Wozu willst du denn Erfahrungen sammeln?“ Es scheint ein Eigenwert für sich zu sein.
Wo ich sein soll
Tatsächlich bin ich auch ein großer Fan davon, verschiedenste Erfahrungen aus verschiedensten Bereichen zu sammeln und so den eigenen Horizont zu erweitern. Intensiv leben. Ich möchte das auch. Johannes Paul II. hat den coolen Satz geprägt: Sei nicht zufrieden mit Mittelmäßigkeit! Gleichzeitig besteht durch FOMO die Gefahr, überall sein zu wollen außer dort, wo ich gerade bin. Alles andere zu tun als das, was ich vielleicht gerade tun sollte. Eines ist fix. Wenn ich dauernd woanders sein möchte, als dort, wo ich gerade bin, dann verpasse ich mein Leben garantiert.
FOMO, die wir haben sollten
Der einzige Augenblick, in dem wir leben, ist das Jetzt. Der einzige Ort, wo wir leben, ist der Ort, wo ich gerade bin. Das Hier und Jetzt. Es ist der einzige Ort, wo sich mein Leben entscheidet, wo ich lebe. Der Moment, in dem du diese Buchstaben liest, ist der Moment, in dem du bist. Aus der Vergangenheit kannst du lernen, auf die Zukunft kannst du hoffen, aber dein einziges „Material“, mit dem du arbeiten kannst, ist dieser Augenblick. Der hl. Josefmaria Escrivá hat einmal gesagt: „Du willst wirklich heilig werden? – Erfülle die kleine Pflicht jedes Augenblicks: Tu das, was du sollst, und sei ganz in dem, was du tust.“
Das Leben verpassen
Ich glaube daran, dass Gott mein Leben in der Hand hat. Gott weiß immerhin die Position jedes einzelnen Moleküls im Universum! Auch wenn ich Fehler mache, nicht immer das Richtige entscheide, jeder Augenblick ist mir von Gott gegeben und die Umstände sind die, die er für mich zugelassen hat. Was mir aber oft passiert, ist, dass ich nicht im Moment bleibe. Vor lauter Angst, anderswo etwas zu verpassen, verpasse ich den Augenblick, den Gott mir jetzt gerade gibt. Hier ist der Augenblick, wo ich die Welt verändern kann. Vielleicht einfach, indem ich nicht aufs Handy schau, wenn ich mit wem anderen spreche. Indem ich echt zuhöre und nicht an mein nächstes To Do denke. Indem ich, wenn ich bete, weiß, dass jetzt der Moment ist, wo ich Gott berühre.
FOMO = Fear Of Missing Out
Die Angst, etwas zu verpassen. Eine durch das Gefühl, positive Erfahrungen oder Informationen zu verpassen, verursachte Unruhe, die durch Social Media besonders verstärkt wird. Damit einher geht die Angst, bei gemeinsamen Erlebnissen nicht teilzunehmen.
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