Er liebt schnelle Autos und Rennenfahren, seitdem er 11 ist. Heute ist Ferdinand Habsburg 24 und in verschiedenen Rennklassen am Start. 2021 holte er sich den Sieg im Rennen der Langstreckenserie European LeMans Series. Neben seinen Erfolgen wurde er in den Medien auch immer wieder auf seinen Glauben angesprochen. Immerhin war sein eigener Großvater ein Heiliger, der seliggesprochene Kaiser Karl von Österreich. Auch wir wollten von ihm wissen, was Glauben für ihn bedeutet. Und natürlich auch Autorennen.

Interview: Ines Breiner

Das letzte Jahr war für dich ja sehr erfolgreich. Wie geht’s dir gerade?

Ferdinand: Ich hatte Ende des Jahres mein letztes Rennen und bin jetzt gerade ohne Vertrag unterwegs. Das ist immer eine etwas komische Phase, weil man da nicht auf ein konkretes Ziel hintrainiert. So komme ich ein wenig zum Reflektieren. Was ist eigentlich so cool am Gewinnen? Einerseits siehst du, dass das, was du machst, gut läuft. Auf der anderen Seite ist es nervig, dass es bedeutet, wenig Zeit zu haben. Ich habe noch nie ein so erfolgreiches Jahr gehabt, aber auch noch nie so wenig Zeit, den Erfolg zu genießen. Irgendwie ist es ein komisches Erlebnis. Eigentlich habe ich mir gedacht, wenn ich gewinne, dann werde ich das einfach nur leben können. 

Wie bist du eigentlich zum Rennfahren gekommen?

Ferdinand: Das war so eine progressive Sache. Zuerst war ich einfach einmal mit Papa zum Spaß Kart fahren. Dann bin ich öfter allein hingegangen, habe einen Trainer bekommen und so mit 11 bin ich plötzlich Rennen gefahren. Ich wollte immer mehr trainieren und hatte immer mehr Spaß. Da war gar kein großer Plan dahinter. Ich habe es einfach gern gemacht. Mit ca. 15, 16 habe ich begonnen, mit Rennautos zu fahren und so ist es Schritt für Schritt weitergegangen.

Was fasziniert dich heute noch daran?

Ferdinand: Ich liebe die Challenge. Ich liebe dieses Ausbalancieren zwischen Druck, Nervosität, Aufregung und Spaß. Ich liebe die Competition und den Prozess, dass du immer schnellere Autos und höherklassige Rennen fährst. Es ist unfassbar aufregend, dass die ganze Zeit so ein hoher Druck herrscht, der mit einer Katastrophe enden kann, aber auch mit einem riesen Erfolg. Dann ist das Gefühl umso krasser. Und ich liebe es, dass du in einem Team mit Menschen bist, die alle wichtig sind, um das Rennen zu gewinnen. Dass ich sie motiviere, dass wir zusammenstecken, zusammenbleiben, nicht aufgeben, dass wir die ganze Zeit positiv bleiben. 

Und wo soll es noch hingehen? Wie sieht 2022 für dich aus?

Ferdinand: Das erste Rennen ist wahrscheinlich im März. Ich bin momentan in der höchsten Kategorie in den Langstreckenrennen unterwegs und da haben wir gerade alles gewonnen. Wahrscheinlich geht es jetzt darum, einfach noch besser zu werden. Irgendwie versuche ich auch zu verstehen, wie ich meinen Glauben besser mit meinem Sport verbinden kann. Das ist eine Sache, mit der ich mir richtig schwertue, muss ich ehrlich zugeben. Manchmal macht alles Sinn und ich habe das Gefühl, dass ich eigentlich etwas Gutes tue. Weil ich in einer Welt bin, in der die Menschen mit dem Glauben wenig verbunden sind. Hier im Spitzensport gibt es viel Selbstsucht und egozentrisches Verhalten. Jeder schaut auf sich selbst. Ich muss sehen, wie ich in dieser Welt, die ein bisschen egozentrisches Benehmen braucht, auf einem hohen Level performen und sie mit meinem Glauben zusammenbringen kann. Wenn ich darin ein wenig besser werden würde, wäre das sehr erfüllend.

Du hast du das Projekt gestartet: „Drive fast, act faster“. Erzähl uns davon.

Ferdinand: Ich glaube, das war mein erster Versuch, mein Rennfahren für etwas zu verwenden, das vielleicht außerhalb der Rennstrecke etwas Gutes tun könnte. Abgesehen davon, dass du den Menschen Entertainment bringst. Ich habe mich gefragt, ob ich bessere Systeme in den Motorsport bringen kann, wo wir weniger verschwenderisch sind. Können wir den Schaden, den wir kreieren, reduzieren oder neutralisieren? Mein Team hat mich hier unterstützt. Wir haben Sachen initiiert, wie zum Beispiel, dass wir versuchen, unseren eigenen Plastikverbrauch zu reduzieren oder Firmen zu unterstützen, die Nachhaltigkeit umsetzen, zum Beispiel bei unserer Teamkleidung oder im Transport. Und wir haben begonnen, unseren CO2-Fußabdruck zu neutralisieren, indem wir einen Urwald in Ecuador helfen zu schützen, der gerade ziemlich kaputtgeht. Es war ein Versuch und ich denke, es war ein Erfolg, spannend für uns alle. Und es war auch aufregend für mich, etwas darüber zu lernen. Es hat mich nichts gekostet, außer vielleicht etwas Zeit und Organisation, und ich glaube, wir haben ziemlich viel Gutes getan. Das fand ich cool. Nachdem die ganze Arbeit getan war, war es dann sehr leicht, die Idee an andere Teams weiterzugeben.

Findest du, dass das auch in deiner Verantwortung als Christ liegt, dich für mehr Nachhaltigkeit einzusetzen?

Ferdinand: Ja. Ich würde sagen, dass das christliche Sein für mich vor allem in meinem eigenen Verhalten wichtig ist. Also, dass ich in meinen Glauben gut lebe, im Spirituellen und dann auch, wie ich zu anderen Menschen bin, wie ich in meinem Herzen bin. Ob ich wahr lebe, so viel es geht. Ich hab mir gedacht: Es ist leicht, sich über andere zu beschweren, oder dass „größere Leute“ nicht genug tun, aber ich tue gar nichts. Da hat mir der christliche Glaube gesagt: Schau mal auf dich selbst, schau, was du machen kannst, und dann reicht das eigentlich schon.

Und warum glaubst du selbst? Was ist für dich das Entscheidende am Glauben?

Ferdinand: Mir ist irgendwann bewusst geworden, und wird es immer mehr, dass ich in einer Welt lebe, die extremst ablenkend vom Wichtigen ist. Das Materialistische kann einen letztlich nicht füllen. Das Coole am christlichen Glauben ist, dass er versucht dir zu zeigen, dass es nur eine Sache gibt, die dein Herz füllen kann. Und das ist auch der Grund, warum ich mehr und mehr dabei bin. Und gleichzeitig sollst du dein Leben führen, in dem du gerade stehst. Beides ist wichtig. Das finde ich spannend. Warum ich glaube? Je mehr ich mich damit auseinandersetze, desto mehr glaube ich aus irgendeinem Grund. Obwohl es schon oft Momente gibt, in denen man zweifelt, seinen Glauben verliert, wo man nicht weiß, warum man sich so fühlt. Wo man denkt, das kann doch wohl nichts mit Liebe zu tun haben. Gerade da ist dann der Glaube wichtig. Dass man sagt, ich weiß, dass ich gerade zweifle, ich kann keine Antwort darauf geben, aber ich glaube jetzt einfach. Ich lebe so ein bisschen die Idee: Fake it til you make it! Manchmal muss ich faken, dass ich glaube. Ich sag einfach: Ich verstehe es gerade nicht, aber ich glaube. Gerade in diesen Momenten kommt Jesus dann oft zu dir. Keine Ahnung, warum das funktioniert, aber es ist meistens so.

Wie kommt es, dass du in der Öffentlichkeit so locker darüber sprichst? 

Ferdinand: Weil es mir einfach unfassbar wichtig ist und so viel geholfen hat. Und ich bin ein relativ offenes Buch, wenn Leute etwas wissen wollen, dann sage ich es gerne. Ich finde es nichts Schlechtes, wenn einmal irgendwo eine nicht konventionelle Idee steht. Wenn sie halt von mir kommt, dann kommt sie eben von mir. Ich möchte auch zeigen, dass es geht, als junger Mensch katholisch zu sein. Ich weiß noch, wie ich mich oft allein gefühlt habe und ich aus diesem Grund meinen Glauben immer wieder verloren habe. Ich dachte, dass ich der Einzige bin und dass ich vielleicht verrückt bin. Gut, ich geh in die Kirche. Dort sehe ich nur alte Leute – sind die verrückt, und bin ich verrückt? Vielleicht sollte ich aufhören und doch zur Party gehen oder so was. Es wäre einfach schön, wenn jemand durch meine Statements ein bisschen mehr Mut bekommt, seinem Glauben zu folgen. Ich habe auch das Gefühl, dass sich viele junge Menschen oft von der Kirche verurteilt fühlen. Ich hab’s auch gefühlt, wenn es Sachen gegeben hat, die ich noch anders gesehen habe. Heißt das jetzt, dass ich böse bin? Eben nicht! Darum geht es nicht. Es geht um die Liebe. Ich hatte das Glück, dass ich so viele unfassbar coole Leute kennenlernen durfte, die mir geholfen haben zu sehen, dass es nur um die Liebe geht. Der Rest kommt von allein. Und deswegen rede ich gerne darüber.

Du sagst zum Beispiel, dass du dich regelmäßig ins Kloster zurückziehst, oder bist nach Fátima gepilgert. Wie schaffst du es, deinen Glauben in deinen stressigen Alltag zu integrieren?

Ferdinand: Manchmal muss ich dafür etwas aufgeben. Aber es ist mir wichtig genug. Ich muss manchmal meinen Urlaub hergeben, um meinem Glauben zu folgen. Das ist irgendwie ein Teil davon. Je öfter ich das gemacht habe, desto mehr habe ich davon auch zurückbekommen und desto leichter war es, mich dazu zu bringen, anstatt mit meinen Freunden nach Griechenland zu fliegen, nach Fátima zu fahren oder so. Ich hab dort immer viel gelernt. Das, was ich gesucht habe, war öfter dort also anderswo und ich habe sehr viel mitbekommen. Das Ding ist auch, ich fühle mich nicht so gut, wenn ich mal zwei, drei Wochen nicht in die Messe gegangen bin. Dann fehlt mir etwas, dann bin ich plötzlich öfter am Handy und tu mir schwer, da wieder wegzukommen. Es geht oft Hand in Hand. Dann muss ich mich dazu zwingen, wieder einmal in die Messe zu gehen, auch wenn es vielleicht gerade nicht so leichtfällt. Und in der Messe denke ich mir wieder: Na siehst du?

Was hättest du als Jugendlicher gerne zu hören gekriegt?

Ferdinand: Ich hätte einfach gerne mehr Menschen um mich gehabt, die Vorbilder für mich waren. Die intelligent, schön und im Glauben dabei waren, die mit mir auch über ihre Schwierigkeiten geredet haben. Eine Sache, die ich z.B. irrsinnig gern mache, ist, wenn jemand mit mir reden will, zu erzählen, womit ich mir richtig schwergetan habe. Etwa typisch: Ich bin ein Junge, der in dieser Welt aufgewachsen ist, der mit 15, 16, 17 anfangen musste, sich mit Sexualität auseinanderzusetzen. Das ist unfassbar schwierig. Wenn der eine das sagt, und der andere das – wem sollst du glauben? Dem, der sagt, was sich nach Spaß anhört, oder dem, wo sich alles eher nach Verbieten anhört? Natürlich habe ich mir damit schwergetan. Ich hätte gerne mehr darüber geredet. Darüber, was Sünde bedeutet oder Beichte oder Sexualität. Ich hätte gerne mehr mit jemandem gesprochen, der im selben Alter ist und durch das Gleiche geht. Ich habe einen Cousin, der nur ein paar Jahre älter ist, und irgendwann habe ich mich getraut, mit ihm zu reden. Das hat mir so viel Gewicht weggenommen. Ich möchte, dass man auch einmal sagt, es ok ist, über gewisse Themen zu reden, die schwierig sind. Aber man soll die Leichtigkeit spüren, dass man über alles reden kann. Darum geht es eigentlich. In der Liebe kann man über alles reden. Alles. Das ist ja das Geniale an der Beichte. Ich habe mich früher auch oft nicht getraut, bestimmte Sachen zu sagen. Und plötzlich spürst du diese Leichtigkeit, jedes Mal, wenn du dich traust dich zu öffnen, Sachen auszusprechen, bei denen du dir vielleicht unsicher bist.

Random Rapid Fire Questions

Wie startest du deinen Tag?

Meinen Wecker anschreiend.

In welchem Fach warst du in der Schule am schlechtesten?

Deutsch.

Welches Fach mochtest du am liebsten?

Mathe.

Was würdest du deinem Jüngeren Ich sagen wollen?

Ich hätte gerne, dass der jüngere Ferdinand versteht, dass es nicht wichtig ist, was du machst, solange du es gut machst.

Du bist Rennfahrer – was macht dir Angst?

Wenig, zum Glück.

Welche Musik hörst du vor einem Rennen?

Immer was anderes. Die letzte Musik, die ich so richtig gehört habe, bevor ich die Weltmeisterschaft gewann, war eine französische Kirchenmusik!

Was magst du überhaupt nicht gerne?

Dinge überdenken.

Was bedeutet Erfolg für dich?

Wenn man Verbundenheit und Stolz zusammen spürt.

Was ist das Erste, das du an deinem Gegenüber wahrnimmst?

Das Lächeln.

Was ist das Verrückteste, das du je gegessen hast?

Wahrscheinlich Bacon mit Ahornsirup.

Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie gut kannst du Geheimnisse für dich behalten?

Woa, vielleicht 4.

Wenn du Gott eine Sache fragen könntest, was wäre das?

Warum müssen Hunde sterben, wenn sie Schokolade essen?

Hältst du dich selbst für eine spannende oder langweilige Person?

Auf arrogante Art sage ich: spannend!