Real Life Girl Janet und wie sie mit dem Tod ihres Freundes umgeht

Interview Michi Cech

Sie war die beste Freundin von YouTuber und Real Life Guy Philipp Mickenbecker, der am 9. Juni vergangen
Jahres an Krebs gestorben ist. Wir alle waren von seiner Geschichte beeindruckt und so habe ich mich richtig
darauf gefreut, mit ihr über ihre Zeit mit Philipp zu sprechen. Wie ist sie mit dem Tod ihres Freundes
umgegangen? Es war alles andere als ein trauriges Gespräch. Hoffnung und eine große Freude, sind die
Dinge, die bei mir nach diesem Gespräch zurückgeblieben sind.

Du hast gesagt, du bist am Ende deiner Masterarbeit. Was studierst du?

Ich studier Umweltingenieurwesen an der Hochschule und habe letzte Woche meine Masterthesis
abgegeben. Jetzt schau ich, wie meine Zukunft weitergeht bzw. wie viel ich bei den Jungs dabeibleibe.
Gerade schreiben wir ein Buch mit den verschiedensten Leuten, eine Hommage an Philipp. Weil ich fast
überall dabei war, darf ich die Zeit so von seiner Diagnose bis zu seinem Tod beschreiben.

Bist du schriftstellerisch begabt?

Ich weißt es nicht. Ich hab das tatsächlich noch nicht gemacht. Ich glaube aber, dass es etwas zu meinem
Trauerprozess beitragen wird, wenn ich alles aufschreibe, was ich mit Philipp erlebt habe, und auch alle
Erlebnisse mit Gott. Philipp hat mir einmal ein Tagebuch geschenkt und gesagt, ich solle alles aufschreiben,
was ich mit Gott erlebe. Man erlebt so krasse Dinge und voll schnell vergisst man die auch wieder.

Würdest du dich als „Real Life Girl“ bezeichnen?

Johannes, Philipps Bruder, sagt immer, dass jeder, der draußen unterwegs ist und Sachen im „real life“
macht, sich Real Life Guy nennen kann. Insofern ja (lacht). Aber ich bin auch Teil der Gruppe. Es sind meine
engsten Freunde.

Nimmst du auch gern mal eine Säge in die Hand?

Vielleicht war das auch etwas, was Philipp und mich verbunden hat, die Freude daran, selbst Dinge zu
erschaffen, so mit den eigenen Händen. Am Ende kannst du sehen, krass, das hab ich gemacht. Oder wenn
Dinge kaputt gehen, weißt du, wie du das wieder zusammenflicken kannst. Es war auch immer super schön,
mit anderen gemeinsam etwas zu machen, wie das Baumhaus oder die Höhle.

Was hat dich an Philipp am meisten beeindruckt?

Am meisten vielleicht seine Lebenslust und seine positive Art. Und auch sein Glaube. Dadurch war er so
getragen in dieser Situation. Er hat zum Beispiel gesagt: Hey, Janet, auch wenn ich sterbe, bin ich bei Jesus!
Ich finde das krass, diese Perspektive zu haben. Sicher, Philipp hatte auch seine schwachen Momente. Aber
er ist mit allem so gelassen umgegangen. Ich war mit ihm damals beim Arzt und es war schon klar, dass sein
Krebs zurückgekommen ist. Ich hatte da super Angst. Wie würde ich reagieren, wenn der Arzt sagt, du wirst nicht mehr lange leben? Aber Philipp war durch seinen Glauben so gelassen, was mich so krass inspiriert,
wie ich auf Dinge reagiere. Man hat gespürt, der Glaube war so Realität bei ihm… Wir hatten noch eine Reise in die Dominikanische Republik gemacht und hier war es total sein Anliegen, in die kleineren Dörfer zu gehen und von Jesus zu erzählen. Er wusste immer irgendwie, wo er hinmusste. Und er kam zu einer Frau, die Krebs hatte. Sie war abgeschottet, allein in einem dunklen Zimmer. Und Philipp hat für diese krebskranke Frau gebetet. Seine eigene Wunde sah schon richtig schlimm aus und er hat trotzdem für diese Frau gebetet. Bis zum Schluss hat er sich für die Probleme der anderen Zeit genommen.

Wie ist das bei dir persönlich? Warst du immer schon überzeugt, dass es Gott gibt?

Ich bin ja ursprünglich katholisch. Meine Mama kommt aus den Philippinen. Mein Onkel ist sogar Pfarrer
auf einer kleinen Insel dort. Aber so mit 17, 18 passiert halt viel im Leben, dass ich mich ein bisschen
distanziert habe. Das heißt, ich hab schon geglaubt, dass es Gott gibt, habe aber nicht so eine persönliche
Beziehung mit ihm gehabt. Durch Philipp habe ich angefangen, mich wieder mehr damit zu befassen, habe
die Bibel gelesen. Er hat so viele Erlebnisse mit Gott gehabt, was mich echt fasziniert hat. Und dann hab ich
erfahren, wie Gott einen durchträgt, wenn es schwer ist. Ich habe so viele Storys von Leuten
mitbekommen, die so berührt waren von Philipps Geschichte.

Wie war das für dich persönlich, wenn Gott einen sozusagen nicht erhört, obwohl man so viel um Heilung betet?

Am Anfang war das für mich super schwer, so dass ich gezweifelt habe: Hey, vielleicht kann Gott gar nicht
heilen? Philipp war doch die Person, die den größten Glauben gehabt hat! Und Tausende Leute haben
gebetet… Ich hab teilweise immer noch meine Schwierigkeiten damit. Am Anfang war ich schon traurig und
auch sauer auf Gott. Aber jetzt im Nachhinein darf ich sehen, wie krass Frucht das Ganze gebracht hat. Und
jetzt ist er genau da, wo er hinwollte. Es klingt vielleicht etwas blöd, aber für uns war es auch echt
irgendwie ganz schön, wie Philipp gestorben ist. Wir konnten uns alle von ihm verabschieden und uns für
die Zeit mit ihm bedanken.

Würdest du sagen, ist das Leben mit Gott leichter?

Ich hab gesehen, dass man durch den Glauben sehr viel besser mit Situationen umgehen kann. Das prägt
auch unsere Freundesgruppe. Wir beten füreinander. Ich finde das super schön. Wir beten viel für
Aktionen, die sehr gefährlich sind (lacht). Uns ist schon bewusst, dass wir Dinge nicht leichtfertig machen.
Aber wenn man weiß, Gott wird alles gut führen, dann ist man irgendwie gelassener. Manchmal spürt man
richtig, wie Gott uns hilft, damit alles gut funktioniert. Und dann natürlich gibt Gott einem Kraft und Trost
gerade dann, wenn schlimme Dinge passieren. Ich bin mir sicher, dass ich Philipp wiedersehen werde und
das Leben hier nicht zu Ende ist. Das gibt einem auch eine andere Perspektive auf das Thema Tod, wo ich
früher als Kind eher Angst hatte.

Euer Hauptanliegen ist es ja, weg vom Handy zu kommen und rauszugehen in die Natur. Was hat dir
geholfen oder bist du da noch dran…?

Ich glaub, ich bin da noch dran (lacht). Ich hab mit Social Media auf jeden Fall so meine Struggles. Aber ich
habe es schon als Kind geliebt, draußen unterwegs zu sein. Wir wohnen auch direkt am Wald. Auf jeden Fall
sind die Freunde sehr hilfreich. Wir haben mit den Leuten hier ja ganz viel gemacht, was man auf Social
Media gar nicht sieht. Wir haben zum Beispiel oft nachts draußen im Wald gepennt oder haben
irgendwelche Touren gemacht.

Ohne Handy?

Wir haben auch einmal eine ganze Tour wirklich ohne Handy gemacht. Zuerst hab ich die Idee bereut, aber
dann hat es wirklich so gut getan. Wenn wir am Abend zusammengesessen sind, waren wir viel mehr auf
die Gruppe fokussiert.

Einen Gedanken von Philipp, den du noch gern weitertragen willst?

Ich glaube, was Philipp so krass ausgemacht hat, war das Füreinander-Da-Sein. Philipp hat mich immer so
ermutigt. Er hat mir oft gesagt: Du bist genau so einzigartig geschaffen, wie du bist. Auch wenn man
Struggles mit sich selbst hat.