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“WIR SOLLTEN ALLE EIN BISSCHEN ÄRMER WERDEN!”

Was ein Papst und ein Philosoph uns über Nachhaltigkeit sagen können.

Unter Nachhaltigkeit versteht man das Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann. Viele Experten warnen: Wir leben zu verschwenderisch und beuten unsere Erde aus!

Wenn die ganze Welt so verschwenderisch leben würde wie wir Europäer, würden drei Planeten Erde nicht ausreichen. Wir konsumieren also auf Kosten anderer Erdteile und auf Kosten zukünftiger Generationen. Natürliche Ressourcen, wie Rohstoffe, Wasser, Energie und fruchtbares Land sind die Grundlage für unser Leben auf der Erde. Die Menschheit verbraucht mehr natürliche Ressourcen als je zuvor – was dauerhafte Umweltschäden verursacht. Trinkwasserreserven, Fischbestände und Wälder schrumpfen; fruchtbares Land wird zerstört und Tier- und Pflanzenarten sterben aus.

Es betrifft uns alle

Die Sorge um unsere Erde teilt, wie man oft lesen kann, besonders auch Papst Franziskus und so hat er alle Katholiken in seiner Enzyklika „Laudato Si“ dazu aufgerufen, unsere Erde zu beschützen. Besonders stehen ihm dabei die Armen vor Augen, die am meisten an der Umweltzerstörung leiden. Ein Vorbild dabei ist ihm sein Namenspatron, der heilige Franziskus von Assisi. Er sagt: „Ich glaube, dass Franziskus das Beispiel schlechthin für die Achtsamkeit gegenüber dem Schwachen und für eine froh und authentisch gelebte ganzheitliche Ökologie ist. An ihm wird man gewahr, bis zu welchem Punkt die Sorge um die Natur, die Gerechtigkeit gegenüber den Armen, das Engagement für die Gesellschaft und der innere Friede untrennbar miteinander verbunden sind.“

Ein bisschen ärmer werden

In dem Dokumentarfilm „Ein Mann seines Wortes“ sagt der Papst: „Ich glaube, in der heutigen Zeit gibt es so viel Armut auf der Welt, das ist einfach ein Skandal. In einer Welt, in der es so viel Reichtum gibt und so viele Ressourcen, um alle Menschen zu ernähren, kann man nicht verstehen, warum es so viele hungrige Kinder gibt, so viele Kinder ohne Schulbildung, so viele Armut! Wir sollten darüber nachdenken, ob wir nicht alle etwas ärmer werden könnten. Das müssten wir alle tun: nicht so viel besitzen und ein bisschen ärmer werden.“

Wir können uns um unsere Welt kümmern

Vor einiger Zeit haben wir für unser Melchior Magazin mit dem französischen Philosophen Fabrice Hadjadj über Ökologie gesprochen. Er hat darauf aufmerksam gemacht, dass wir es nicht immer als falsch ansehen dürfen, wenn der Mensch in die Natur eingreift. Denn der Mensch ist jemand, der sich auch um die Natur kümmern kann. Er sagt zum Beispiel: „Der Mensch kann sich um das Schicksal der Haifische kümmern, während die Haifische sich weder um das Wohl der Schwimmer noch um die Mode der Badekostüme scheren. Die Größe des Menschen besteht gerade darin, dass er in der Lage ist, sich zurückzunehmen, die Verschiedenheit der Arten zu kennen, sie schön zu finden und ihr Beschützer zu sein, und nicht darin, dass er sie willkürlich ausbeutet.“

Nicht nur konsumieren

Das Problem an dem ganzen Konsum ist, dass wir die Dinge nur für eine kurze Zeit verwenden und danach wegwerfen. Für den Philosophen ist das ein prinzipielles Problem: „Die Idee ist verbreitet, dass wir gewissenhafte Konsumenten werden sollen, die ökologische, nachhaltige Produkte kaufen. Das verdeckt manchmal die Tatsache, dass eine grundsätzliche Veränderung des Lebensstils erforderlich wäre.“ Und er fügte hinzu: „Den Lebensstil zu ändern ist die schwierigste Herausforderung.“

Mit der Welt in Berührung sein

Eine Veränderung unserer Haltung wäre zum Beispiel, wenn wir verstehen würden, dass es mehr um ein Tun-Können geht, als um ein Konsumieren. Fabrice Hadjadj: „Es gibt beispielsweise einen Unterschied zwischen einem iPod und einer Gitarre. Beide werden Musik machen und man kann sogar sagen, dass der iPod in beeindruckender und in größerer Quantität Musik machen kann als die Gitarre. Aber der iPod bringt mich in die Situation des Konsumenten, während die Gitarre mir eine Praxis, eine Betätigung abverlangt und demzufolge meine persönliche Entwicklung und keinen Fortschritt der Gebrauchsgegenstände fordert. Die wirkliche Ökologie fordert nicht einfach, seinen Konsum zu mäßigen, sondern es geht darum, Gesten zu finden, die uns mit der Welt in Berührung bringen.“ Wie das konkret aussehen kann? „Etwas praktizieren, Zeit verbringen mit anderen Menschen, anstatt nur konsumieren, darin besteht das gute Leben.“