Freundschaften gehören zu den schönsten Dingen, die unser Leben ausmachen. Oft teilt man mit seinen Freunden die prägendsten Erlebnisse. Man kann sich auf sie verlassen und sich in schweren Zeiten an sie anlehnen. Seit einigen Jahren gibt es aber den Trend, dass Freundschaften zurückgehen. Das erschreckt einen direkt und man kann sich fragen, woran das liegt.

Text Lea Schagerl und Michi Cech

Was Studien sagen…

  1. Die 2010er Jahre haben etwas grundsätzlich in unseren Sozialleben verändert. Seit 2014 geht die Zeit, die wir mit unseren Freunden verbringen, zurück.
  2. In einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Integral wird gezeigt, dass ein Drittel der Österreicher über wenige bis keine engen emotionalen Beziehungen außerhalb der Familie verfügen.
  3. Seit der Coronapandemie gaben 15% der Bevölkerung Österreichs an, dass sie sich mehrmals in der Woche einsam fühlen.
  4. Verabredungen sind keine Verabredungen mehr. Spontan in letzter Sekunde abzusagen, ist normal geworden.

Frag dich mal. Wie sieht es mit Freundschaften in deinem Leben aus? Trifft der Trend auch auf dich zu? So oder so: Wenn wir Freundschaften gut leben wollen, müssen wir uns heute viel bewusster dafür entscheiden. Nur so können wir uns vom Trend nicht mit runterziehen lassen.

„Freundschaften sind die Beziehungen, die wir ausschließlich freiwillig eingehen. Damit gehören sie zu den positivsten Beziehungen überhaupt.“ Das sagt Dr. Jana Nikitin, Professorin der Universität Wien. Oder wie der englische Philosoph aus dem 17. Jahrhundert Francis Bacon einmal sagte: „Sie verdoppeln die Freude und halbieren das Leid.“ Auch die moderne Medizin würde wahrscheinlich diesem Satz zustimmen. Zum Beispiel: Wenn man Zeit mit Freunden verbringt, dann verringert der Körper die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol. Damit beugen Freundschaften sogar Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall vor. Nicht zuletzt schützen Freundschaften auch vor psychischen Erkrankungen. Schon ein einziger guter Freund pusht das Selbstwertgefühl und beugt Depressionen vor. Für diese positiven Aspekte muss man sich aber tatsächlich treffen und darf nicht nur chatten.

In einer Studie der Universität Plymouth in den USA hat man verschiedene Testpersonen eine Anhöhe erklimmen lassen. Das einmal mit einem Freund zusammen und einmal ohne diesen Freund. Die Ergebnisse waren: Fast allen kam der Anstieg mit dem Freund um 20% leichter vor als ohne den Freund.

Durch Freundschaften entdecken wir schließlich auch, dass wir nicht allein glücklich werden können. Wir sind nicht selbst unser eigenes Ziel im Leben. Wir brauchen jemanden, der uns liebt und den wir lieben können. Ein Freund ist die Ergänzung, die jeder von uns braucht.

Durch Höhen und Tiefen

Sind Freundschaftsbeziehungen immer geradlinig? Ist es vielleicht ganz normal, wenn sich gute Freunde mal voneinander entfernen? Freundschaft ist etwas Gegenseitiges, was man nicht erzwingen kann. Und echte Freundschaft braucht Zeit. Wir glauben oft, dass man mit jedem gleich „bester Freund“ sein kann. Aber Freundschaft muss gegenseitig wachsen. So wie vielleicht bei Veronika. Sie hat uns von ihrer Erfahrung mit Freundschaft erzählt.

Ich habe eine meiner besten Freundinnen in der ersten Klasse kennengelernt. Wir wurden nebeneinandergesetzt. Von da an war für mich klar, dass wir Freunde sind. Das war für meine Freundin nicht so, wenn wir in Zweierreihen gehen sollten, meinte sie oft, dass sie mit ihrem „unsichtbaren Freund“ geht, weil sie nicht mit mir gehen wollte. Mich hat das echt genervt. Aber ich habe sie trotzdem gemocht und hab zu ihr gehalten, auch wenn die anderen Freundinnen sich in der Pause weggesetzt haben, weil ihre Eiersemmel sehr komisch gerochen hat. Vielleicht hat uns die Eiersemmel zusammengeschweißt. Die war übrigens echt lecker! Wir hatten zwar beide auch andere beste Freunde, aber ich habe darauf geachtet, dass ich trotzdem irgendwie neben ihr sitzen kann. Und als unsere anderen damaligen Freundinnen auf eine andere Schule gingen, waren wir wieder zu zweit und wir hatten echt den Spaß unseres Lebens. Es gab nur wenige Stunden, in denen wir keine Lachkrämpfe während des Unterrichts bekommen haben und deshalb vom Lehrer ermahnt wurden. Nach einiger Zeit kam noch ein weiteres Mädchen zu uns dazu, mit der sie später mehr gemacht hat als mit mir. Die beiden haben auch ab und zu Späße über mich gemacht, die ich nicht so toll fand. Aber auch das ging vorbei, nachdem wir alle auf unterschiedliche Schulen weitergingen. In dieser Zeit haben wir uns oft getroffen und viel telefoniert. Doch nach und nach merkte ich, wie meine Freundin anders wurde, vor allem durch den Einfluss ihrer anderen Freundinnen. Ich versuchte dennoch, für sie da zu sein. Als dann ihr Bruder starb, hatten wir ein Jahr lang keinen Kontakt. Danach hatten wir ein bisschen geschrieben, aber das fühlte sich sehr komisch an und so verging ein weiteres halbes Jahr ohne wirklichen Kontakt. Irgendwann hat sie sich für ihr Verhalten entschuldigt und wir haben wieder geschrieben, telefoniert und uns getroffen. Und heute schreiben wir uns zwar nicht ständig, aber wir telefonieren öfters stundenlang und versuchen auch, uns zu treffen, was nicht immer so einfach ist, da unsere Leben nicht unterschiedlicher sein könnten. Aber man findet einen Weg. Wir sind immer an der Freundschaft drangeblieben und dafür bin ich echt dankbar.

Veronika

Die besten Erinnerungen mit Freunden entstehen bei Abenteuern!

Ein paar Leute haben uns von ihren Lieblingsmomenten mit ihren besten Freunden erzählt. Interessanterweise haben alle von Outdoor-Adventures berichtet. Ist das vielleicht eines der besten Freundschaft-Bondings, die es gibt? Was ist deine Lieblingserinnerung mit deinem besten Freund oder deiner besten Freundin?

„Im Sommer spontan zum Como See fahren und dann probieren im Auto zu schlafen… Weil es zu eng und zu heiß war, haben wir uns in der Nacht dann doch für die Picknickdecke im Freien entschieden und wurden dann dafür von Mücken zerstochen!“ – Vali

„Als ich und meine beste Freundin gemeinsam mit Freunden in der Nacht ein Lagerfeuer gemacht haben. Es wurden Stockbrot und Marshmallows gegrillt, wir haben miteinander Lieder gesungen und Tränen gelacht.“ – Christine

„Als Teenager war ich mit meinem besten Freund auf einer winterlichen Klettertour. Hinter einer uns bis dahin unbekannten Schlucht fanden wir uns auf einmal in einem komplett unberührten hochalpinen Gebiet wieder bei strahlendem Sonnenschein. Diese Erinnerung hat sich so eingebrannt und wir erinnern uns auch nach Jahren mega gerne an diesen ‚magic moment‘ zurück.“ – René

„Am Gartnerkofel in den herrlichen Kärtner Alpen erlebte ich mit meiner besten Freundin einen unvergesslichen Sonnenuntergang, bei dem wir lachten, gemeinsam sangen und redeten. Es hat fast so ausgesehen, als würde die ganze Welt um uns herum in einem goldenen Licht aufleuchten.“ – Lena

„Freundschaft wird in dem Moment geboren, wenn eine Person zur anderen sagt: Was, du auch? Ich dachte, ich wäre der Einzige.“  –  C.S. Lewis

Fun Facts zu Freundschaft

– Wusstest du, dass die berühmtesten Freunde der Welt Winnetou und Old Shatterhand sind?

– Man ist der Durchschnitt der 5 Personen, mit denen man die meiste Zeit verbringt. Welche sind das bei dir?

– Im Durchschnitt hat man 3-5 wirklich enge Freunde.

– Eine sehr gute Freundschaft entwickelt sich in der Regel nach ca. 200 Stunden Kontakt. Das sind ca. 16 Tage!

– Angeblich halten Freundschaften, die länger als 7 Jahre alt sind, für immer.

Jesus und seine besten Freunde

Pater Paul ist Priester in einer Pfarre in Wien und Seelsorger für Studierende. Wir haben ihn gefragt, wie das damals mit Jesus und seinen Freunden so gewesen sein muss.

Hatte Jesus Freunde? Wer glaubst du, war Jesus bester Freund?

In der Bibel können wir ganz klar erkennen, dass Jesus sogar sehr enge Freunde hatte. Da sind zum einen seine engsten Freunde, die 12 Apostel. Innerhalb dieser 12 Freunde hatte er außerdem noch einen ganz engen Kreis, zu dem wahrscheinlich Petrus und Johannes gehört haben. Auch mit Lazarus und dessen Familie hatte Jesus wahrscheinlich eine sehr tiefe Verbindung. Und natürlich Maria Magdalena.

Die Dynamik zwischen Jesus und seinen Jüngern muss ja ziemlich krass gewesen sein… Wie würdest du diese beschreiben?

Dass muss schon sehr besonders gewesen sein. Seine Jünger haben ja alles, was sie kannten, zurückgelassen. Und das „nur“ für einen Freund. Ich glaube, sie haben schon erkannt, dass da etwas ganz Besonderes abgeht, nämlich das Jesus wirklich der Messias ist. Natürlich gab es auch dort Höhen und Tiefen.

Was können wir von Jesus in Bezug auf unsere Freundschaften lernen?

Definitiv die Treue und Tiefe. Aber auch, dass man als gute Freunde vielleicht nicht immer in der Nähe sein kann, aber trotzdem miteinander verbunden bleibt. Also eine Verbindung, die über die physische Nähe hinausgeht. Und natürlich für die oder den anderen da sein, wenn man gebraucht wird.

Was ist dein Top-Tipp für unsere Freundschaft mit Jesus?

Zeit nehmen. In Kontakt bleiben. Jeden Tag aufs Neue. Wie bei einer irdischen Freundschaft ist es wichtig, mit Jesus in Kontakt und im Gespräch zu bleiben. Da hilft es nicht, ihm einmal im Jahr zum Geburtstag zu gratulieren.

„Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe“ Joh 15,15.

Wie du echte Freundschaften leben kannst

#Mach dir keinen Druck

Für eine echte Freundschaft braucht es zwei. Es gibt verschiedene Etappen oder Ebenen in der Freundschaft, und wenn wir glauben, dass der andere sich automatisch auf derselben Ebene von Freundschaft befindet wie ich, kommt es oft zu Enttäuschungen. Freundschaft muss gegenseitig wachsen und braucht Zeit.

#Gemeinsame Aktivitäten

Herausforderungen, die man gemeinsam meistert, lässt Freundschaften wachsen. Das bedeutet, Social Media abdrehen und echte Dinge unternehmen. Hier wird Freundschaft sehr konkret, weil es hier immer wieder heißt, sich gegenseitig zu helfen, Angst, Trauer und Freude miteinander zu teilen.

#Eine Vision teilen

Je tiefer oder sinngebender die gemeinsame Aktivität ist, desto tiefer kann die Freundschaft gehen. Denn man entdeckt den anderen als ganze Person, wie er denkt, was seine Herzensanliegen sind, wie er Dinge umsetzt. Darum sind Freundschaften auch dann echte Lebensfreundschaften, wenn man zum Beispiel gemeinsam versucht, die Wahrheit hinter den Dingen zu entdecken.

#Sich verletzlich machen

Nicht jedem Menschen erzählt man persönliche Dinge. So ist es ein starkes Zeichen für eine gute Freundschaft, wenn man sich gegenseitig auch Dinge erzählt, mit denen man gerade zu kämpfen hat. Gleichzeitig kann eine Freundschaft auch nur dann in die Tiefe gehen, wenn du bereit bist, ganz ehrlich auch von deinen Struggles zu sprechen.

#Sich Zeit nehmen

Echte Freundschaften erkennst du daran, dass man sich gegenseitig Zeit füreinander nimmt. Wenn jemand nie Einladungen annimmt oder oft andere Sachen wichtiger sind, dann weißt du, dass für ihn die Freundschaft auf einer anderen Ebene ist. Das muss nicht negativ sein, aber es zeigt die Art eurer Freundschaft.

#Da sein

Auch wenn du nicht mit jeder Person eine tiefe Freundschaft leben kannst, kannst du versuchen, die Freundschaft im Augenblick, im Hier und Jetzt zu leben. Das heißt, auch wenn du jemanden nur zum Fußballspielen triffst und du vielleicht sonst nie etwas mit ihm machst, kannst du ihn trotzdem in seiner ganzen Person sehen und ihm 100 Prozent im Augenblick deine Aufmerksamkeit schenken.