LIFE BALANCE

Diese Fastenzeit habe ich probiert, meine tägliche Handyzeit auf unter eine Stunde zu begrenzen. Wie bei vielen Vorsätzen hat sich das leichter angehört, als es dann tatsächlich war: An nur sehr wenigen Tagen habe ich das tatsächlich auch geschafft. Immerhin bin ich dadurch zum Nachdenken gekommen – und will hier meine Gedanken mit dir teilen. Allerdings nicht als perfekter Experte, sondern als jemand, der selbst noch viel an dieser Baustelle zu arbeiten hat.

Text Johannes Pichler

Digitale Droge

Geht es dir auch manchmal so, dass du mehr Zeit am Handy verbringst, als du eigentlich willst? Mir jedenfalls geht es regelmäßig so. Das liegt daran, dass Smartphones und vor allem Social-Media so gestaltet sind, dass wir möglichst viel Zeit darauf verbringen. Reels auf TikTok bzw. Insta wirken durch den erhöhten Ausschuss des Glückshormons Dopamin auf unser Gehirn gleich wie Drogen und können uns bei regelmäßigem Konsum abhängig machen. Verbringt man sehr viel Zeit auf sozialen Netzwerken, sind Entzugserscheinungen sogar ähnlich wie bei Drogen. Allein durch Willenskraft kann man sich also nicht frei entscheiden, jederzeit Social Media zu schließen, wie man ein Buch zumacht. Die Algorithmen sind extra so gemacht, dass sie „stärker“ als unser Hirn sind.

Feind und Freund in einem

„Warum stelle ich mich dann gewissermaßen immer wieder diesem Kampf, den mein Gehirn von Natur aus nicht gewinnen kann“, frage ich mich öfters. Regelmäßig werde ich ja auch an meine Unterlegenheit erinnert, wenn ich stundenlang am Handy festklebe. Manchmal denke ich mir: Vielleicht wäre es so gesehen besser, wenn es keine Handys gäbe – allerdings ist für die Wenigsten der Alltag ohne Google Maps, Spotify oder WhatsApp vorstellbar. Wir wollen und können eigentlich nicht auf unsere Smartphones verzichten. Irgendwie geht es heute einfach nicht mehr ohne sie. Aber gleichzeitig haben sie auch dieses negative Potenzial, uns abhängig und unfrei zu machen. Wie geht man also damit um, mit dem Handy stets „Feind und Freund“ in unserer Hosentasche zu tragen?

Was du willst, bekommst du auch

Das Erste und Wichtigste ist genauso simpel, wie es schwer ist: Du musst wissen, was du willst. „What you want, you will get“, so P. Benedict Groeschel (ein alter, weiser Franziskaner-Mönch aus New York, der viel mit Drogenabhängigen gearbeitet hat). Weißt du, was du willst? Also nicht nur in dem Moment, sondern generell? Was du mit deinem Leben, deiner Freizeit, deiner Zeit am Handy machen willst? Es gibt hier eine tiefe Wahrheit: Wenn du nicht weißt, was du willst, dann entscheiden es andere für dich. Und das ist ganz sicher nicht das, was gut für dich wäre. Wenn du an dein Handy gehst und nicht weißt, was du eigentlich gerade tun oder suchen willst, wird es für dich entschieden. Kennst du es auch, wenn du auf den Startbildschirm starrst und du nur darauf wartest, dass eine Nachricht kommt und du dich wichtig fühlen kannst? Oder du durch Insta scrollst, weil du eine Minute in der Schlange stehen musst? Oder du abends einfach müde bist und YouTube öffnest, um dich zu entspannen? – Das wäre bei mir der Klassiker.

=> Was ich lange nicht wusste: Wenn wir auf Social Media Zeit verbringen, ist das zwar angenehm, aber keine Entspannung. Unser Hirn arbeitet auf Hochleistungen, um die ganze Reizüberflutung zu verarbeiten. Darum ist es auch kontraproduktiv, in Lernpausen am Handy zu sein.

Heiß umkämpfte Aufmerksamkeit

Bei all diesen Fällen verschwendest du die heute wohl wertvollste, meistlimitierte und am härtesten umkämpfte Ressource: diese ist weder Öl noch Gold, sondern deine Aufmerksamkeit. Deine Zeit. Deine Aufmerksamkeit ist es, womit Social-Media-Konzerne ihr Geld verdienen. Und wenn du nicht weißt, wem du deine Aufmerksamkeit widmen willst und was überhaupt deine Aufmerksamkeit verdient, werden es diese Konzerne für dich entscheiden – und es wird nichts sein, worin du deine begrenzteste Ressource investieren willst. Es ist also nicht egal, ob du eine Stunde mehr auf Social Media bist oder nicht. Es geht darum, wem du deine sehr begrenzte Aufmerksamkeit schenkst – und dadurch dein Leben formen lässt. Das sollte dir alles andere als egal sein.

Dopamin

Ist ein Glückshormon, mit dem unser Gehirn uns belohnt: wenn wir etwas Verlorenes finden, etwas Interessantes erfahren oder eine WhatsApp-Nachricht bekommen. Aber auch bei Drogen, Zucker oder Reels bekommen wir jeweils einen Dopaminkick. Das Problem: Im Vergleich zur „natürlichen“ Welt können wir uns bei diesen Fällen direkt und immer wieder einen neuen Kick holen, in diesem Kreislauf hängen bleiben.

Be Free: So verringerst du deine Handyzeit

  • Graustufen einstellen
  • „Handygarage“ an einer bestimmten Stelle
  • Nicht in deinem Schlafzimmer aufladen
  • Bestimmte Apps nur am Laptop benutzen
  • Armbanduhr für Zeitangabe benutzen
  • Benachrichtigungen deaktivieren