YouTuber-Priester Father Mike Schmitz im YOU! Interview über die Suche nach Gott und der eigenen Berufung.

Begonnen hat sein Auftritt mit dem Upload von Predigten für Studenten vor über 10 Jahren. Heute könnte man Father Mike Schmitz als einen katholischen YouTube-Star bezeichnen. Er ist bekannt für seine Kurzvideos, in denen er Fragen zum Leben und Glauben beantwortet, die man vielleicht nicht jedem Priester stellen würde. Einige dieser Videos haben über 2 Millionen Klicks. In unserem Gespräch spricht Father Mike mit Humor und Tiefe über sein Leben als Priester, seine Berufung und große Glaubensfragen. Man merkt ihm sein großes Herz für seine Studenten an und für die Menschen, die er mit seinen Videos erreichen kann. Ich habe mich fast eine Stunde lang mit ihm unterhalten und seine enthusiastische und väterliche Art hat mich ehrlich begeistert.

Interview: Debbie Werner

Father Mike, du scheinst eine sehr aktive Person zu sein. Was tust du so gerade?

Meine Hauptaufgabe, die mir von meinem Bischof zugeteilt wurde, ist die Arbeit als Seelsorger und Kaplan am Unicampus an der University of Minnesota. Außerdem bin ich der Leiter eines Jugendprogramms für unsere Diözese. Neben diesen Hauptaufgaben produziere ich ein paar wöchentliche Podcasts und Videos und es passieren gefühlt noch Dutzend andere Dinge.

Wir haben unsere Leser gefragt, welche Fragen sie dir gerne stellen würden. Eine häufige Frage war: Wie fing dein Weg mit Gott an und wie hast du deine Berufung zum Priestertum erkannt?

Meine Eltern waren katholisch und meine Geschwister und ich mussten jeden Sonntag in die Messe gehen. Wir gingen auch zu katholischen Schulen und ich mochte das gar nicht. Ich wäre lieber in eine öffentliche Schule gegangen, da hätte es einfach mehr Mädchen gegeben. 😉 Als ich etwa 16 Jahre alt war, ist etwas passiert. Ich hatte auf einmal dieses echte Bewusstsein von Sünde als etwas, das in mir ist, dass ich wirklich etwas ernsthaft Schlechtes getan habe. Ich habe verstanden, dass ich einen Retter brauche und wirklich anfangen muss zu beten. Also bin ich mit meinem Rad zu unserem Priester gefahren und war bei ihm beichten. Ich war so dankbar, einfach von meiner Schuld befreit worden zu sein. Das hat den ganzen Prozess mit Gott gestartet und damals habe ich viel gelesen, auch das YOU! Magazin (Anm.: damals gab es noch die US-Ausgabe), um zu lernen, wie ich mein Leben auf Gott ausrichten kann. So beschloss ich, Theologie zu studieren, wobei ich mich sehr von der Kirche distanziert habe, weil auf der Uni einfach ein anderer Glaube, als der katholische gelehrt wurde. Dann stieß ich auf eine richtig gläubige Missionsgruppe, die mir mit Liebe und Geduld alle meine skeptischen Fragen beantwortete. Daraufhin verliebte ich mich ganz neu in die Lehre der Kirche und erkannte ihre Tiefe. Ich war damals schon drei Jahre lang mit einem wunderbaren Mädchen zusammen, als ich realisierte, dass ich Jesus noch nie gefragt hatte, ob er möchte, dass ich Priester werde. Durch viele Gespräche und viel Gebet wurde es irgendwann ganz klar. Ich liebte meine Freundin so sehr, also war es sehr schmerzhaft, aber Gott hat mir geholfen, diesen Schritt zu gehen. Ihre Reaktion war unglaublich gut, sie hat gesagt: „Wenn es das ist, was Gott für dich möchte, dann ist es auch das, was er für mich möchte.“

Wie kann man als junger Mensch seine Berufung finden?

Gott wartet nicht auf uns, eine Frage zu beantworten, die er noch gar nicht gestellt hat. Wir müssen uns keine Sorgen machen, ihn zu enttäuschen, wenn er uns noch gar nicht vor eine Entscheidung gestellt hat. Gott will, dass wir unsere Berufung finden, ohne Sherlock Holmes zu spielen. Er liebt uns mehr, als wir uns selbst lieben, also ist der Gedanke, dass Gott uns nicht dabei helfen würde, unsere Berufung zu finden, der totale Gegensatz zu wer Gott ist. Als konkreten Tipp lade ich Leute ein, sich diese drei Fragen regelmäßig zu stellen: Steht etwas zwischen mir und Gott, das heißt, muss ich zur Beichte? Erledige ich meine alltäglichen Pflichten wie Schulaufgaben, Uniaufgaben, Arbeit? Bete ich regelmäßig und gebe ich Gott die Möglichkeit, zu mir zu sprechen? Wenn eine Person diese drei Dinge so gut wie möglich macht, dann wird sie ihre Berufung zur richtigen Zeit nicht verpassen.

Was ist das Schönste und Schwierigste daran, Priester zu sein?

Als ich im Priesterseminar war, wurde uns eine wichtige Sache gesagt. Man wird nicht nur zum Priester geweiht, um ein „Sakramentenverteiler“ zur werden, also nur, um Beichte zu hören, die Eucharistie zu verteilen usw., sondern für mehr. Erst acht Jahre nach meiner Weihe hat es geklickt und ich habe realisiert, dass das Herz des Priestertums ist, ein Vater zu sein ist. Man lehrt zwar wie ein Lehrer oder begleitet wie ein Therapeut, aber man geht noch tiefer, um ein geistlicher Vater für die Menschen zu sein. Das ist das Schönste und gleichzeitigt das Schwierigste am Priestersein.

Du hast ein bestimmtes Level an Fame auf Social Media erreicht. Wie gehst du mit Druck und Erwartungen von außen um?

Den Studenten am Campus hier, wo ich lebe, ist das Onlineprogramm ziemlich egal. Alles, was für sie zählt, ist, ob ich für sie da bin oder nicht, ob ich ein geistlicher Vater für sie bin. Sie sind diejenigen, die mein Herz haben. Ich bin unglaublich dankbar für meinen Online-Dienst, aber am Ende des Tages ist es diesen Studenten egal, wie viele Klicks ich bekomme. Das holt mich immer wieder runter und erinnert mich daran, dass ich als erstes hier sein muss, um meine Studenten zu lieben.

Father Mike

Warum scheint es so, als ob manche Menschen Gott einfach nicht finden können, auch wenn sie nach ihm suchen? Was wäre dein Rat?

Eine wichtige Sache, die uns die Bibel und die Kirche lehren: Gottes Gnade ist vollkommen. Das heißt, Gott gibt jedem unzählige Chancen, ihn zu finden. Die Frage, die sich jeder, der dieses Problem hat, stellen muss, ist: Wie denke ich, dass ich Gott finden kann? Ich glaube, was uns oft davon abhält, Gott zu finden, sind unsere eigenen Vorstellungen davon, wie sich Gott uns zeigen muss. Wenn ich akzeptiere, dass er ein Gott ist, der zu uns spricht, dann erlaube ich ihm, so zu mir zu sprechen, wie er es möchte. Das heißt vielleicht manchmal, dass er mich aus meiner Komfortzone rufen möchte. Hier in unserer Gegend gibt es viele Seen mit schönen Steinen, den Achaten. Manche Leute laufen am See entlang und sagen: „Ich sehe all diese Steine, aber ich sehe keine Achaten.“ Sie brauchen vielleicht jemanden, der ihnen sagt, auf welche Details sie achten müssen, wenn sie Achaten suchen. Genauso braucht es manchmal jemanden, der dich auf diesem Weg begleitet und dich darauf aufmerksam macht, wie du Gottes Stimme hören kannst, woran du seine Liebe erkennen kannst. Mein Rat wäre, dich zu fragen, ob du diese Hilfe vielleicht brauchen könntest.

Was möchtest du jungen Christen als Ermutigung mitgegeben?

Um einen Glauben zu haben, der unter allen Umständen und Schwierigkeiten Bestand hat, müssen wir Menschen sein, die beten. Wir müssen nicht immer „intensiv“ beten, aber mit Ausdauer dranbleiben. Was machst du, wenn die Dinge nicht gut laufen? Lehnst du dich an den Gott, den du aus deinem Gebet kennst oder lässt du einfach los? Jede Person, die im Glauben bleiben möchte, muss beten und immer wieder in die Beziehung mit Gott eintreten. Nicht perfekt beten, aber kontinuierlich. Das ist das Wichtigste. Der Heilige Paulus sagt, dass Durchhaltevermögen zu einem starken Charakter führt und ein starker Charakter zur Hoffnung auf Jesus führt. Hoffnung, die trotz Hindernisse bestehen bleibt.

Was war eine der schönsten Reaktionen, die du je auf deine Podcasts und Talks bekommen hast?

Eine Frau hat mir einmal einen sehr langen Brief geschrieben. Ihr elfjähriger Sohn hatte sie und ihre ganze Familie zurück zu Jesus geführt. Während der Podcastserie „The Bible in a Year“ wurde er schwerkrank. Als er nicht mehr sprechen konnte, schrieb er jeden Abend auf ein kleines Whiteboard „Father Mike?“ und seine Mutter spielte den „The Bible in a Year“ Podcast ab. In den letzten Wochen seines Lebens konnte er sie nicht hören, aber er konnte mich beim Bibellesen hören, weil man den Podcast sehr laut aufdrehen konnte. Sie sagte, die letzte Stimme, die er hörte in den Wochen vor seinem Tod, war meine. Ich kann gar nicht ausdrücken, was für eine Ehre das für mich ist. Das ist nur eine von vielen Geschichten.

Random Rapid Fire Questions

Wer inspiriert dich?

C.S. Lewis

Wenn du ein Tier wärst, welches und warum?

Ein Schimpanse oder ein Gorilla, weil ich noch immer sehr fähige Daumen hätte und durch die Bäume schwingen könnte wie Tarzan.

Wenn du Gott eine Frage stellen könntest, welche wäre es?

Lässt du mich rein? 😉

Welches Land würdest du gerne bereisen?

Normalerweise Israel, aber weil ich gerade dort war, Bali.

Was würdest du deinem jüngeren Ich sagen?

Sei geduldiger mit anderen und mit dir selbst.