Was bedeutet es wirklich frei zu sein? Heißt das, dass ich tun kann was ich will? Dass keiner mir mehr vorschreibt, was ich wann machen muss? Und selbst, wenn ich mir vornehmen würde, alles zu tun, was ich wollte –  ist das wirklich realistisch?

MiriamMiriam

Freiheit ist etwas, das ich erwerben muss. Es kommt nicht einfach so von heute auf morgen. Um frei zu werden, braucht es einige Zeit und ich muss den Muskel der freien Entscheidungen trainieren. Und um tun zu können, was ich möchte, brauche ich die Mittel und Möglichkeiten dazu.  Möchten wir nicht alle frei sein? Hier stelle ich dir 4 Schritte vor, wie du freier werden kannst, deine Träume zu erfüllen und das Leben zu leben.

Als ich das letzte Jahr bei der Gemeinschaft Emmanuel in Paris verbracht habe, haben wir uns auf einem Wochenende besonders mit Freiheit beschäftigt. Eine der Hauptpersonen, um die es an diesen Tagen ging, war Sophie Scholl. Ein deutsches Mädchen, das in der Zeit des Nationalsozialismus mit ihrem Bruder und ein paar Freunden eine Widerstandsgruppe „Die weiße Rose“ gegründet hat.

Hans Scholl, 22. September 1918

Hans Scholl, Mitglied der „Weißen Rose”

Sophie und Hans waren ganz normale, evangelische Geschwister aus Deutschland. Als Hitler an die Macht gekommen war, haben sie sich zuerst von dem Bann des Nationalsozialismus mitreißen lassen. Beide waren sogar in der Hitlerjugend. Nach und nach haben sie dann aber gemerkt, wie böse und menschenverachtend diese Ideologie eigentlich war. Weil sie nicht still bleiben konnten, haben sie angefangen, auf ihrer Uni Flugblätter zu verteilen, die die Menschen auf die Gewalt und die schrecklichen Taten der Nazis aufmerksam machen sollten. Leider hat sie jemand verpfiffen und die Gestapo wurde auf sie aufmerksam. Nach einem langen Prozess, in dem ihnen immer wieder die Möglichkeit gegeben wurde, sich für die Nazis zu entscheiden, wurden sie schließlich zum Tod verurteilt.

Die letzten Worte von Hans Scholl, kurz bevor er das Schafott bestieg, waren: „Es lebe die Freiheit“! Jetzt kann man sich natürlich fragen, ob die beiden in diesem Moment noch frei waren. Wie kann jemand, der zum Tode verurteilt ist, so etwas zu seinen Mördern sagen? Als deutsche Jugendliche hätte es für die Geschwister Scholl nicht so ausgehen müssen. Hätten sie sich kurz vor ihrem Tod noch umentschieden und auf Hitler geschworen, wären sie nicht von den Nazis ermordet worden. Waren die beiden also darin frei, dass sie sich lieber für den Tod entschieden, als Komplizen von grausamen Mördern zu werden?

Es gibt keine größere Freiheit, als wenn du dein Leben frei hingibst. Hans und Sophie Scholl waren gerade in diesem letzten Moment ihres Lebens wirklich Herr ihrer eigenen Träume und Pläne. Und zwar genau dann, als sie ihr Leben für die Wahrheit hingegeben haben.

Wie komme ich zu einer so großen Freiheit?

Freiheit ist ein Prozess, der sich in vielen tausenden kleinen alltäglichen Entscheidungen vollzieht. Kennst du das, wenn du dir vornimmst, für einige Zeit nichts Süßes zu essen, und es dir unglaublich schwer fällt? Fühlst du dich wirklich frei, wenn dein Körper einfach so daran gewöhnt ist, jeden Tag etwas Zucker zu sich zu nehmen und du nicht damit aufhören kannst? Wahre Freiheit hat auch mit Selbstbeherrschung zu tun. Wenn mein Körper abhängig von Süßigkeiten, der Gewohnheit Fernsehen zu schauen oder sonst etwas abhängig ist, dann bin ich nicht frei zu tun, was ich möchte. Wenn ich partout nicht damit aufhören kann, dann habe ich ein Stück von meiner Freiheit verloren.

Hier gibt’s 4 Tipps dafür, wie du freier wirst

1.Das Bedürfnis erkennen

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Freiheit, sich dafür zu entscheiden, was auch immer man tun möchte oder wovon man überzeugt ist, muss kein Traum sein. Trotzdem müssen wir ganz ehrlich zugeben, dass wir nicht immer die Möglichkeit haben, alles zu tun, was wir jetzt gerne tun möchten. Um ein freies Leben zu leben, muss ich mir erst einmal die Frage stellen, wofür ich mein Leben überhaupt nutzen möchte. Was ist mir wichtig?

Möchte ich ein Konzertpianist werden, weil ich ein musikalisches Talent habe und es liebe, andere Menschen durch Musik glücklich zu machen? Oder möchte ich mein Leben dazu einsetzen, als Arzt Menschenleben zu retten? Oder als eine Lehrerin Kindern Bildung weitergeben, und so die Gesellschaft von morgen zu verändern? Oder möchte ich ganz schlicht und einfach nicht mehr davon abhängig sein, jeden Tag zu naschen?

2. Einen Weg wählen

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Als nächstes überlege ich mir, mit welchen Mitteln ich zu meinem Ziel kommen möchte. Wenn ich also ein berühmter Pianist werden möchte, wäre es ganz sinnvoll, mir ein Klavier zu kaufen und Klavierunterricht zu nehmen. Um Arzt oder Lehrerin zu werden, müsste man sich an einer Uni für den jeweiligen Studiengang anmelden. Wenn ich von meinem Süßen High loskommen möchte, kann ich mich entscheiden, einfach kein Junkfood mehr zu kaufen.

Die richtigen Mittel zu wählen stellt die richtigen Weichen dafür, richtig loszulegen, wenn es darum geht, die vielen kleinen Entscheidungen zu treffen, die mich letztendlich frei machen.

3. Loslegen und durchhalten

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Jetzt wird es ernst. Herzlich Willkommen am Grabstein von vielen geplatzten Träumen. Das Geheimnis des Erfolges liegt darin, weiterzumachen. Nichts kann jahrelanges Üben oder Lernen ersetzen. Hier wird es ein bisschen tricky. Bin ich eigentlich noch frei, wenn ich mich dazu verpflichte, jeden Tag mehrere Stunden zu üben? Oder gebe ich damit meine Freiheit auf? Das Paradoxe an Freiheit ist, dass wir nur wirklich frei werden können, wenn wir unseren Willen einsetzen, um dabei zu bleiben. Hier kommt ein weiterer Faktor von wahrer Freiheit dazu. Lasse ich mich von meinen Instinkten leiten oder benutze ich meinen Willen, um die Ziele zu erreichen, die ich mir gesetzt habe?

4. Freiheit erwerben und leben

Irgendwann kommt dann der Moment, wenn ich mein Studium abgeschlossen habe. Oder, wenn ich nach vielen Stunden am Klavier ein spontanes Konzert geben kann. Oder wenn ich auf einmal merke, dass ich seit ein paar Tagen nichts Süßes mehr gegessen habe und es mir gar nicht gefehlt hat. 

Wir können Stück für Stück freier werden, um unser Leben in die Hand zu nehmen. Solche krassen Beispiele wie Sophie und Hans Scholl können uns  inspirieren zu erkennen, dass es sich lohnt, für unsere Überzeugung aufzustehen. Mit dem Strom zu schwimmen wird uns nicht frei und nicht glücklich machen. Unsere Welt braucht mutige Menschen, die sich, wie Hans und Sophie Scholl, für die Wahrheit einsetzen und jeden Tag ein bisschen freier werden.

Es lebe die Freiheit!