Meine Challenge ist es also, jeden Tag eine Woche lang 30 Minuten der Bibel zu widmen. Ich habe mir diese Challenge ausgesucht, weil ich diesen Ansporn, mich mehr mit dem Wort Gottes zu beschäftigen, wirklich gut gebrauchen kann. Schon jetzt bin ich überzeugt, dass es mir gut tun wird und ich Einiges dazu lernen werde. Dennoch: 30 Minuten, jeden Tag? Schaff ich das? Meine größte Sorge ist es, dass ich die Bibelstelle lese und dann da sitze und nicht weiß, was ich denn jetzt denken oder fragen oder betrachten soll. Naja, mal sehen, Gott ist ja schließlich auch noch da 😉

Tag 1: 

Sobald es mein Tagesprogramm erlaubt, setze ich mich hin und – nehme mein Handy zur Hand! Aber natürlich nur, um das Evangelium des Tages herauszufinden. Ich erhöhe die Zeit, bis mein Handy in den Ruhezustand geht auf 30 Minuten, und lege los. Ein Kreuzzeichen und ein kurzes Gebet machen den Anfang, dann lese ich aufmerksam zweimal das Tagesevangelium durch. Es ist die Stelle, wo Jesus über den See geht. Das fängt ja schon mal gut an! Entgegen meiner Zweifel tauchen während des Lesens so einige Fragen in meinem Kopf auf, als ich versuche, mir die Szene ganz genau vorzustellen. Ich lese die Betrachtung dieses Evangeliums. Sie wirft noch mehr Fragen auf, doch als ich das Evangelium dann erneut lese, lassen sich zumindest ein paar davon beantworten. Für mich. Während ich so dasitze und ganz in dieser Szene aus Jesu Leben versunken bin, merke ich, dass ich langsam weg döse. In dem Moment fällt ein Paprika in der Küche von den Tomaten, auf denen er lag, wie aus dem Nichts eine Etage tiefer auf die Arbeitsplatte. Mich reißt es total, dieses Geräusch mitten in der Stille. Da huscht ein Lächeln über mein Gesicht – vielleicht ein kleiner Wink von oben, der mich wieder wach und konzentriert machen sollte? Gott hat ja den Humor erfunden, warum also sollte er selbst humorlos sein? Die halbe Stunde ist ratzfatz um und was ich versuche, für mich mitzunehmen, ist der Vorsatz, an den Dingen, von denen ich überzeugt bin, dass Gott sie wahr machen und lenken kann, in den Situationen, in denen sie dann tatsächlich passieren, nicht zu zweifeln. Nicht an Gottes Macht zu zweifeln oder sie in Frage zu stellen. So wie Petrus, als er auf dem See auf Jesus zuging und dann plötzlich Zweifel bekam. 

Tag 2: 

Wie schon beim ersten Mal beginne ich mit einem Kreuzzeichen und einem kurzen Gebet. Das heutige Evangelium handelt ebenfalls von zu kleinem Glauben. Es geht darum, dass ein Mann zu Jesus kommt und ihn bittet, seinen mondsüchtigen Sohn zu heilen, da es die Jünger nicht geschafft haben. Deshalb, weil ihr Glaube zu klein war, weil sie an Gottes Macht gezweifelt haben. Wieder dieses Thema. Irgendwie überwältigt mich der Gedanke, dass auch uns Gott Gaben geschenkt hat, obwohl wir 2000 Jahre später leben, und dass wir so wenig darüber wissen und diese Gaben gar nicht nützen können, weil wir oft nicht mal davon wissen. Das ist so schade! Ich recherchiere ein bisschen über die Geistesgaben. Wenn wir den Glauben dazu hätten und das Vertrauen, dann könnte Gott durch uns heilen. Wir könnten prophetisch reden und die Geister unterscheiden. Und ich überlege, in welchen Situationen im Alltag ich Gott die Zügel viel mehr in die Hand geben könnte …

Tag 3: 

Das heutige Evangelium handelt davon, dass Jesus versucht, den Juden zu erklären, dass er das Brot des Himmels ist und dass niemand zum Vater gelangen kann, außer durch ihn. Heute wissen wir, was passiert ist und wie das alles gemeint war, aber damals haben die Juden verständlicherweise keine Ahnung gehabt, wovon Jesus da spricht. Wir Menschen denken mit unserem Verstand und alles, was darüber hinaus geht und für uns nicht logisch ist, können wir nicht begreifen. Wie zum Beispiel im Himmel keine Zeit existiert. Unvorstellbar. Aber Gott ist einfach so viel größer. Warum Jesus aber so viel gesagt hat, was die Menschen nicht verstanden haben, wundert mich schon manchmal. Als Betrachtung lese ich noch ein Gebet der Hl. Faustina, in dem ganz klar ihre große Dankbarkeit für Jesu Sterben und ihre Vorfreude auf den Himmel hervorgeht. Sie hat keine Angst vor dem Tod. Da wird mir wieder bewusst, wie klein mein Glaube ist. 

Tag 4:

Heut bin ich irgendwie nicht ganz so motiviert und bemüht, vielleicht auch deshalb, weil das Evangelium für mich nicht so leicht zu verstehen ist. Denkarbeit ist anstrengend! Ich geb’s zu, ich habe heute ein bisschen abgekürzt. Diesmal soll Jesus eine Doppeldrachme als Tempelsteuer zahlen. Sein Jünger Simon Petrus Jesus darauf anspricht, fragt dieser „Was meinst du, Simon, von wem erheben die Könige dieser Welt Zölle und Steuern? Von ihren eigenen Söhnen oder von den anderen Leuten?“ (Matthäus 17,25) Als Petrus antwortet, dass die Könige von den anderen Leuten, nicht aber von ihren Söhnen die Steuer erheben, sagt Jesus „Also sind die Söhne frei“. Weil ich ein bisschen verloren bin, klicke ich gleich zur Betrachtung weiter und hoffe auf ein bisschen Hilfestellung zum Verständnis dieser Bibelstelle. Gott sei Dank kriege ich sie. Es ist ein Vergleich zwischen den Königen dieser Welt und ihren Söhnen und Gott und Jesus, seinem Sohn. Weil Jesus ja ohne Sünde ist, muss er natürlich keine Sühne leisten, sprich, kein Geld zahlen. Als Sohn ist er frei, und weil er ohne Sünde ist, konnte er durch Vergießen seines Blutes für uns alle die Schuld bezahlen. Pfuh, ganz schön philosphisch. Aber ich denke, ich habe mehr verstanden, als ich zu Beginn erhofft hab. 

Tag 5:

Seid wie die Kinder! Das sagt Jesus zu seinen Jüngern, als diese fragten, wer der Größte im Himmel sei. Eine Antwort, die sicher keiner erwartet hätte. Denn in der Frage steckt schon die Erwartung nach etwas, das mit Macht und Leistung zu tun hat. Wie es eben auf der Welt ist, wenn man der Größte sein will. Doch im Himmel ist alles anders. Jedenfalls drängt sich beim Lesen der Stelle bei mir sofort die Frage auf: Wie sind Kinder? Was macht sie aus? Sie sind voller Vertrauen, Sicherheit und Bestimmtheit, ohne Vorurteile, Erwartungen oder Bedingungen. Wie können wir also wie die Kinder werden? Ich denke, Gott voll und ganz die Führung zu überlassen und Vertrauen in alles, was er mit einem vorhat, zu haben, ist die zentrale Haltung, die wir dabei haben müssen. Aber wir denken zu viel, zweifeln, wägen ab und machen oft schließlich doch das, was uns unser „Verstand“ sagt. Auf der sicheren Seite sein wollen. Nichts riskieren. Davon müssen wir weg kommen. 

Tag 6:

Der heutige Tag steht ganz im Zeichen der Gottesmutter Maria, es ist Mariä Himmelfahrt! Die Stelle im Lukasevangelium erzählt davon, wie Maria zu Elisabeth kommt und das Kind in Elisabeths Bauch hüpft, als es Marias Gruß hört. So groß war die Freude über ihre Ankunft. Und auch Elisabeth wusste „gesegnet ist die Frucht deines Leibes“. Daraufhin preist Maria Gott für das, was er an ihr getan hat. Zweifelsohne ist das Wunder der unbefleckten Empfängnis unglaublich wunderbar. Was ich aber auch immer so faszinierend finde, ist dieses „Ja“ von Maria zu der ganzen Sache. So voller Vertrauen ohne Vorbehalte. Da ist sie wohl, „wie ein Kind“ geworden (siehe Tag 5). So unglaublich und groß das Ganze klingt, Maria sagt einfach „ja“. Ein Riesenvorbild für uns.

Tag 7:

Der letzte Tag meiner Challenge bringt mir ein etwas längeres Evangelium mit folgender Geschichte, die Jesus Petrus erzählt, als er den Herrn fragt, wie oft er seinem Bruder verzeihen müsse“. Ein König lässt einen seiner Diener zu sich holen, weil er ihm zehntausend Denare schuldet.  Als dieser sagt, dass er das Geld nicht zahlen könnte, will der König ihn und seine Familie als Bezahlung verkaufen lassen. Der Diener aber fleht auf Knien und schließlich hat der König Erbarmen und erlässt ihm seine Schuld. Als dann eben dieser Diener auf einen anderen Diener trifft, der ihm hundert Denare schuldet, lässt er ihn ins Gefängnis werfen, weil ihm dieser die Schuld nicht bezahlen kann. Nachdem er also selbst gerade Erbarmen erfahren hatte, zeigt er aber selber kein Erbarmen mit einem Mitmenschen. Ich denke natürlich gleich „Was für ein stolzer, harter Mann muss das gewesen sein?“, versuche dann aber zu überlegen, wie das bei mir selbst ist. Wenn man sich im Recht fühlt oder weiß, dann kommt man oft gar nicht auf die Idee, zu vergeben. Man hat ja Recht! Super, und? Hilft keinem weiter. Genau in diesen Momenten bzw. Situationen sollte ich mich immer fragen „Was würde Jesus tun?“. Natürlich soll man sich nicht an der Nase rumführen lassen, aber wie Jesus Petrus antwortet „Du sollst deinem Bruder siebenundsiebzig mal vergeben“ sollte auch ich mich jeden Tag fragen, mit wem ich nicht im guten auseinander gegangen bin. Vergebung ist eine Entscheidung, denn auch, wenn man es noch nicht spürt, das Herz zieht dann nach!

Fazit: Ich will ehrlich sein, es war nicht einfach und oft eine Überwindung, sich jeden Tag hinzusetzen und sich Zeit zu nehmen. Und oft habe ich auch keine ganze halbe Stunde gemacht. Tja … aber es war auf jeden Fall eine wertvolle Zeit, in der ich viel gelernt hab und die mir einige Punkte gezeigt hat, die ich für meinen Umgang mit anderen aber auch für meine Beziehung zu Gott umsetzen sollte und die mich weiter bringen. In der Sonntagsmesse macht das der Priester mit der Predigt für uns. Aber eigene, aktive Gedanken sind für das eigene Leben doch nochmal was anderes. 

Text und Foto: Vroni Weinlich