Wenn Leute mich kennenlernen, dann erfahren sie meist recht schnell zwei Dinge über mich. Erstens: Ich bin gläubiger Christ. Zweitens: Ich liebe Metal.

Diese Kombination ist ziemlich unverständlich für viele Leute. Als Christ darf ich doch nur Worship und gregorianische Choräle hören. Und Ed Sheeran. Aus irgendeinem Grund ist Ed Sheeran für jeden Christen okay, der sich über Rock und Metal als „Satansmusik“ auslässt. Bis heute ist mir unverständlich, wieso „Shape Of You“ für viele Christen vollkommen vertretbar ist, aber Impending Dooms „My Blood“ (Lied anhören und Text dazu lesen – eines der schönsten Liebeslieder an die Familie die es gibt!) Musik des Bösen sein muss. Aber gut, ich bin nicht hier, um irgendeinen Musikstil zu verurteilen.

Ich bin hier, weil ich einen kleinen Erfahrungsbericht schreiben möchte. Letztes Wochenende war ich zum ersten Mal am Nova Rock Festival. Ich war tatsächlich wegen der Musik dort. Aber wie ergeht es einem gläubigen Katholiken, inmitten einer Horde an Punks, Metalheads, Emos (insofern die noch nicht ausgestorben sind) und all jenen, die weniger wegen der Musik, sondern mehr wegen der Biertrichter dort waren?

Die Konzerte

Mein absoluter Pluspunkt. Im Gegensatz zu Konzerten fast aller anderen Musikrichtungen, sind Metalkonzerte alles andere als langweilig. Anstatt einer Stunde lang einschläferndes Kopfwippen zur Musik, sieht so ein Konzert anders aus. Sobald die ersten Gitarrensaiten angeschlagen werden und die Basedrum erklingt, fliegen hunderte Fäuste in die Luft, Leute beginnen enthusiastisch herumzuspringen. Plötzlich öffnet sich vor dir ein Kreis, in welchem Leute beginnen, sich gegenseitig zu stoßen, umzurempeln und dann gegenseitig in Sekundenschnelle wieder aufzuheben. Das dauert 30-60 Sekunden, danach entspannt sich die Lage wieder, bis drei Minuten später Leute beginnen, im Kreis zu rennen, andere mitzuziehen und so einen Menschenstrudel in der Menge verursachen: Die sogenannte Circle Pit. Abgesehen davon werden überall Menschen auf den Händen der Menge nach vorne getragen. Gelegentlich beginnt das Publikum, sich in eine linke und eine rechte Seite aufzuteilen, nur um ein paar Sekunden später gegeneinander zu laufen. Das klingt zwar alles unglaublich brutal – und gelegentlich bricht sich halt jemand mal ein Bein – aber bevor man von Außen urteilt, sollte man das selbst erlebt haben: Sobald du umfliegst, greifen fünf Hände nach dir, um dich wieder aufzurichten, im Herumgestoße lächelt eigentlich fast jeder und hat Spaß und wenn jemand das Gefühl hat, dir wehgetan zu haben, dann umarmt er dich direkt im Anschluss. Die Konzerte, an denen ich am meisten Spaß hatte, waren tatsächlich die, bei denen ich in so einem Herumgeraufe gelandet bin!

Der „Satanismus“

Obwohl ich Jesus liebe, war ich nicht wirklich schockiert. Ja, Marylin Manson hatte ein verkehrtes Kreuz auf der Bühne hängen. Bete für ihn. Jesus liebt ihn sehr. Ja, Iron Maiden und Avenged Sevenfold haben RIESIGE Dämonen- und Skelettfiguren hinter der Bühne hervorschauen lassen. Ist doch schön, dass sie ein Gespür für die geistige Welt haben. Es ist auch gut, sich bewusst zu sein, dass es das Böse gibt. Natürlich sollte man dem nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken – aber ganz zu ignorieren ist eben auch irgendwie falsch. Und Parkway Drive haben ihren Schlagzeuger an ein flammendes Rad angeschraubt und gedreht, so dass er teilweise Kopfüber spielte. Aber das war einfach nur cool. Was ich sagen möchte: Es geht viel um Show. Diese Bilder von Feuer, Tod, Skeletten und Dämonen sollen nicht notwendigerweise ausdrücken, dass wir alle den Teufel anbeten sollen. Sie stehen für Ängste und Gefühle, mit denen wir alle zu kämpfen haben. Und zwischendurch streuen hin- und wieder christliche Bands, wie in diesem Fall Skillet hinein, die in dieser Szene Zeugnis von der Hoffnung, die sie erfüllt, geben.

Ich bin echt nicht der Meisterfotograf, aber dieses Foto vom Parkway Drive Konzert soll nur veranschaulichen, dass ein bisschen Feuer im Spiel war.

Das Festivalfeeling

Für das ganze Festivaldrumherum muss ich einen Minuspunkt setzen. Ich habe oben die Biertrichter erwähnt. Anscheinend gehört es bei großen Festivals dazu, dass man große Mengen an Bier innerhalb von Sekunden durch einen Trichter konsumiert. Versteht mich nicht falsch. Ich mag Bier. Ich trinke es gerne, weil es mir schmeckt. So etwas sollte man genießen, nicht in zwei Sekunden runterspülen. Daher bin ich ein großer Gegner dieser Bierverschwendung. Auch der ganze Lärm, der ständig um dich herum ist, während du schlafen möchtest und der müllübersäte Boden, waren vielleicht etwas too much für mich. Und solange keine guten Konzerte laufen, hast du auch nichts zu tun. Im Zelt ausruhen war untertags nicht möglich, es sei denn, du willst bei lebendigem Leibe geröstet werden und sonst konntest du halt eigentlich nur deine Zeit mit Bierkonsum vertreiben – was tatsächlich langweilig werden kann. Zum Glück ist der Neusiedlersee ganz in der Nähe. Wenn du es geschafft haben solltest, dein Auto am Parkplatz wiederzufinden (und kein Bier konsumiert hast! Komm nicht auf dumme Gedanken, das ist nicht lustig.), dann ist das die beste Ausweichmöglichkeit, um etwas Ruhe zu bekommen.

Diese „seltsamen“ Menschen

Die Metal-, Rock- und Punkszene ist voll von Individualisten. Leuten, deren Körper voll von Tattoos ist. Leuten, die die unmöglichsten Experimente mit ihren Frisuren anstellen. Leuten, die sich mit dem Rest der Welt nicht identifizieren können. Oftmals sind diese Menschen tief verletzt und wollen deshalb möglichst anders sein, als die Menschen, die ihnen diese Verletzungen zugefügt haben. Und natürlich wenden sie sich dann eher einer Musikrichtung zu, die ihren Schmerz oder ihre Wut musikalisch gut ausdrücken kann. Diese Menschen sind nicht böse. Im Gegenteil, die meisten von denen waren wirklich lieb.

Ich würde mir wirklich wünschen, dass wir Christen aufhören, die Menschen in dieser Szene als „hoffnungslos verloren“ zu betrachten. Durch Ablehnung streuen wir nur Salz in die Wunde, die ihnen durch die Gesellschaft zugefügt wurde. Wir sollten eher verstehen lernen, dass gerade diese Leute die Botschaft, dass sie geliebte Kinder Gottes sind, am meisten brauchen. Und oftmals haben sie dafür ein offeneres Ohr, als du es vielleicht annehmen würdest.

Text: David Strodl/Foto: Istockphotos