Wie ist das mit dem „Plan Gottes“ und unserer Freiheit? Sind wir überhaupt wirklich frei, wenn Gott sozusagen eh schon einen Plan für uns hat? Ich möchte am Anfang gleich ein paar Missverständnisse ausräumen. Wir haben nämlich oft diesen Eindruck, dass Gott irgendwo im Himmel einen Plan aufgeschrieben hat, den ich erstens mal finden muss, so wie ein Osterei, und dann noch erfüllen soll. Und diese Meinung kann uns ganz schön lähmen. Ich möchte das mal durchstechen wie einen Luftballon. Der eigentliche Plan Gottes für unser Leben ist, dass wir glücklich werden. Er beruft mich zur Freiheit und zum Glück! Ich muss keinen Plan erfüllen, der mich nicht glücklich macht. Wie wenn ein Mädel gern Eisläuferin wäre und die Eltern wollen, dass sie Jus studiert. So eine Haltung projizieren wir leider oft auf Gott.

Sehnsucht

Gott funktioniert aber nicht so, dass er uns irgendeinen Plan vorlegt, dem wir folgen müssen. Er gibt uns vielmehr eine Sehnsucht ins Herz, die wir nicht hätten, wenn er sie nicht in uns hineingelegt hätte. So bringt Gott unsere Sehnsucht, seinen Plan für uns und unsere Freiheit zusammen. Wir folgen Gottes Plan sozusagen freiwillig, weil er unserer tiefsten Sehnsucht entspricht. So geht es im Grunde darum, das zu finden, was unsere tiefste Sehnsucht ist. Und wir müssen lernen, diese tiefsten Sehnsüchte von den oberflächlichen zu unterscheiden. Das heißt, wir müssen versuchen, den Sachen auf den Grund zu gehen. Wir müssen auch unterscheiden zwischen der bloßen Fähigkeit zu entscheiden und der Freiheit, die eigentlich unsere Fähigkeit ist, die guten Dinge zu wählen. Wenn ich das Schlechte wähle, benutze ich zwar meine Fähigkeit zu entscheiden, aber es macht mich letztlich nicht frei. Die Freiheit ist dazu da, das Gute zu wählen und das bringt mich zum Glück.

Gegenwart

Es ist auch wichtig, dass man sich nicht zu sehr in der Zukunft lebt. Denn jetzt erwartet Gott etwas von mir und nicht in der Zukunft. Ich hab manchmal den Eindruck, dass viele in einer Erwartungshaltung leben, also mit dem Leben sozusagen warten, bis sie ihre Berufung gefunden haben. Das ist ein weiteres Missverständnis, denn zuerst sind wir alle dazu berufen, zu hoffen, zu glauben und zu lieben. Das kann man in jeder Situation, unabhängig davon, ob man seine „Berufung“ schon gefunden hat oder nicht. Der erste Plan, den Gott mit uns hat, ist, die Liebe zu leben. Und zwar JETZT. Das sagt Jesus auch im Evangelium. Lass morgen morgen sein. Wie oft leben wir an der Gegenwart vorbei? Weil wir nur an das Vergangene oder Zukünftige denken. Der Plan Gottes ist zuerst mal ganz konkret die Frage: Was muss ich heute machen? Und das kann man als Schüler, als Student, in jeder Situation. Glaube, hoffe und liebe! Das ist das, was Gott von dir will.

Freiheit

Das gibt eine große Freiheit, weil es uns den Druck nimmt, wenn wir gerade „keinen Plan“ haben. Natürlich ist es richtig, dass wir auch einen Platz irgendwo haben, wo wir am meisten Frucht bringen. Wo wir am meisten Talente haben. Aber das darf uns nicht daran hindern, den eigentlichen Plan zu leben, eben unseren heutigen Tag zusammen mit Gott zu leben.

Text von Pater Matthäus Trauttmansdorff (seit 2018 Priester der Gemeinschaft Sankt-Martin in Frankreich)