Vielleicht geht es dir im Gebet wie mir: Manchmal ist es einfach ein tolles Gefühl, manchmal bleibt das aus und es ist eher eine lästige Pflichterfüllung. Doch glaubst du, dass Gebet dein Herz wirklich verändert? Ich war nicht wirklich überzeugt davon, bis Gott mir einen Obdachlosen geschickt hat, der mir das klar machen sollte.

Vor ein paar Monaten habe ich mir vorgenommen, mein Gebetsleben ein wenig upzugraden. Ambitioniert wie ich bin, habe ich dann von 10 Minuten auf eine Stunde tägliches Gebet aufgestockt. Wie du dir vielleicht vorstellen kannst, war das alles andere als einfach. Ständige Blicke zur Uhr, keine Stimme vom Himmel die mir sagt: „Hey David, ich bin hier. Das was du hier machst ist keine Zeitverschwendung.“ Schön wäre es gewesen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es irgendeinen Sinn hatte.

Es begann mit einer Zigarette…

Nach ein paar Tagen war es schon sehr anstrengend und genau zu der Zeit spielt auch die Geschichte. Ein Studienkollege und ich wollten nach einem Seminar am Abend noch auf ein Bier gehen. Da Wahlen waren, hatte eine politische Partei einen Stand im Votivpark in Wien, an welchem sie Bier austeilten. Und als wir da im Park unser Bier tranken und uns über Politik unterhielten, kam ein recht zerlumpt gekleideter Mann auf uns zu und bat um eine Zigarette. Mein Studienkollege hatte eine parat und so unterhielten wir uns auch mit ihm über Politik. Ist doch spannend zu wissen, was ein Obdachloser wählen würde, nicht wahr? Nun die Antwort war: „Ich gehe nicht wählen, weil wenn ich wählen gehe, dann gebe ich meine Stimme ab. Versteht ihr, ich gebe sie ab! Ich habe dann keine Stimme mehr.“ Und da war es klar: Okay, der Typ ist verrückt.

Und genau nach so einer Erkenntnis werden Psychologiestudenten erst so richtig wach und so fragte mein Studienkollege den Mann, wie es denn eigentlich dazu kam, dass er obdachlos wurde. Man landet ja nicht einfach so auf der Straße. Dann erzählte uns der Mann, dass er 19 Jahre im Gefängnis verbringen musste, weil er seine Großmutter umgebracht hatte und sich nun nicht mehr in die Gesellschaft integrieren könne, da er so traumatisierende Erfahrungen dort gemacht hatte, dass er nun keinem Menschen mehr vertraut und lieber ganz auf sich alleine gestellt ist. Das war der Punkt an dem ich eigentlich dachte: „Okay, I’m out. Genug, danke! Wird mir hier langsam zu ungemütlich.“

… und endete mit Jesus!

Und genau das war der Moment, an dem diese Worte nicht aus mir herausbrechen konnten. Weil, so seltsam es klingt: Ich verspürte eine Liebe zu diesem verrückten Mann. Bis heute bin ich mir sicher, dass das nicht von mir kam. Im Normalfall beachte ich die Frau mit dem Becher an der U-Bahn Station recht wenig und habe kein Problem, den Mann der mich um Geld bittet, abblitzen zu lassen. Diese Liebe, die ich in dem Moment verspürt habe, war übernatürlich und nicht gewöhnlich. Als ich das bemerkt habe, schoss aus mir die Frage heraus: „Glaubst du eigentlich an Gott?“ – ein Student, der sich zu uns gesellt hatte, sagte sofort: „Du glaubst an Gott, hab ich Recht?“ Ich sagte bloß „Fix doch!“ und wandte mich wieder dem Obdachlosen zu. Dieser erzählte mir, dass er schon an Gott glaube, aber eher mit ihm streitet und Gott genau so wenig vertrauen könne, wie anderen Menschen. Wir redeten noch eine Stunde lang miteinander. Irgendwann fragte ich ihn: „Ich weiß, du kämpfst mit Gott und das ist vielleicht eine seltsame Frage, aber darf ich für dich beten?“ – „Ja“ – „Darf ich JETZT für dich beten?“ – „Ja“.

Die gesamte Zeit, in der ich das Gebet für diesen Mann sprach umarmte er mich. Ich hatte echt Probleme, die Tränen vor Rührung zurückzuhalten und bei einer ist es mir auch nicht gelungen. Als ich dann das Gebet beendete, schaute mir der Mann noch tief in die Augen und sagte zu mir: „David, ich habe das lange nicht mehr zu einem Menschen gesagt, aber du bist echt ein toller Typ.“

Gebet verändert in erster Linie dich selbst!

Den ganzen Abend wollte der Mann keine Schlafmöglichkeit oder Geld, eigentlich nichts außer der Zigarette annehmen – und das Gebet. Vielleicht war ich der erste Mensch, dem er seit langem kurz Vertrauen geschenkt hat. Und ich glaube, dass Gott in diesem Moment durch mich zu ihm gesprochen hat. Je mehr Zeit du mit Gott verbringst, desto mehr bricht Gott dein Herz für das, was ihm das Herz bricht. Er verändert dich und macht dich ihm ähnlich. Ich glaube, dass das eine der größten Auswirkungen des Gebetes ist.

Text: David Strodl/ Foto: IStockphotos