Ob sich der ständige, fast unbewusste Griff zum Handy in den Öffis vermeiden lässt und was man stattdessen machen kann, habe ich eine Woche lang getestet.

In den Öffis aufs Smartphone zu schauen passiert ja ganz unbewusst und quasi nebenbei. Ich würde nicht sagen, dass ich handysüchtig bin, aber ich muss zugeben, ich verbringe schon ziemlich viel Zeit mit dem Smartphone und das sehr häufig in der U-Bahn. Und ja ich würde sagen, ich bin an dem Punkt angekommen, wo ich mir selber eingestehe, dass mir eine kleine Challenge mal ganz gut täte. Ich habe meine Erlebnisse und Gefühle während dieser Herausforderung für dich hier aufgeschrieben.

Tag 1 
Die Stimmung ist gut, es ist ja Freitag! Ich mache mich gegen 8 Uhr auf in die Arbeit und lasse das Smartphone sogleich im untersten Fach meiner Tasche verschwinden. Sicher ist sicher! In der U-Bahn ist dieses Mal wenig los, ich merke dass ich jetzt schon leicht angespannt bin. Normalerweise würde ich jetzt mein Handy herausnehmen, alleine schon um die neuesten Nachrichten zu lesen und die Uhrzeit abzuchecken. Auf dem Sitz vor mir liegt eine dieser Gratiszeitungen. Ich greife hin, um mich abzulenken. Etwas in der Hand zu haben tut gut, einfach nur um beschäftigt zu sein. Einige Stunden später am Nachhauseweg: Die U-Bahn ist vollgestopft. Üblicherweise würde ich jetzt meine Nachrichten und Social Media Kanäle aufrufen, damit die Zeit schneller vergeht. Stattdessen versuche ich umherzusehen und bin etwas genervt. Ich hätte nicht gedacht, dass mich diese „Kein Smartphone in den Öffis”-Challenge so herausfordert.

Tag 2
Endlich Wochenende! Für gewöhnlich fahre ich mit dem Auto aufs Land zu meiner Familie, aber genau diese Woche nicht. Deshalb habe ich eine längere Straßenbahn- und Zugfahrt vor mir. Ich habe jedenfalls ein Buch im Gepäck. In der Straßenbahn bin ich dann ganz in Gedanken versunken und im Zug schnappe ich mir sogleich mein Buch und beginne zu lesen. Eine gute Alternative zum ständigen Facebook durchscrollen, das ich sonst machen würde. Tief versunken in das Buch merke ich gar nicht, dass ich bis ich zuhause bin, keinen einzigen Blick auf das Smartphone gewagt habe. Ein Erfolgserlebnis!

Tag 3
Es ist Sonntag! Dort wo meine Familie lebt, stehen mir so gut wie gar keine öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung. Am Abend mache ich mich dann wieder auf Richtung Wien. Später treffe ich meinen Freund und während der Auto- und Straßenbahnfahrt erzählen wir einander von unseren Wochenenden. Dann versinke ich aufgrund von Müdigkeit in einen Tagtraum. Als eine junge Mutter, mit einem schlafenden Baby im Arm und einem zweiten Kind an der Hand den Wagon betritt, werde ich aus meinem Tagtraum gerissen und bemerke, dass sie nach einem Sitzplatz Ausschau hält. Wir bieten ihr unsere Sitzplätze an. Sie bedankt sich mehrmals herzlich. Hätte ich in mein Smartphone gestarrt, hätte ich so vieles nicht so konkret wahrgenommen.

Tag 4
Montag. Die Stimmung in der U-Bahn könnte kaum besser sein – Sarkasmus on. Es ist ein klassischer Montag. Es ist kaum zu übersehen, dass jeder müde und nicht besonders motiviert für die neue Arbeitswoche ist. Viele Jugendliche sind ganz in ihr Smartphone vertieft und gerade in meiner jetzigen Challenge-Situation nehme ich das so richtig wahr. Bei den Menschen rund um mich beobachte ich einen Gesichtsausdruck der alles andere als begeistert wirkt. Und dann kommt mir eine Idee. Ich könnte den Leuten ja ein Lächeln oder zumindest einen freundlichen Blick zuwerfen und das mach ich dann auch. Am späteren Nachmittag mache ich mich wie jeden Tag auf in die Abendschule. Da mein Smartphone im Rucksack ist und ich nur schwer daran kommen würde, packe ich es erst gar nicht aus. Beim Heimfahren von der Schule um ca. 21 Uhr, unterhalte ich mich wie fast jeden Tag mit meinen Studienkollegen. Smartphone brauche ich dabei keines.

Tag 5
Dienstagmorgen und ich bin wieder am Weg in die Arbeit. Gerade als ich mein Smartphone aus der Tasche nehmen möchte, fällt mir ein, dass ich doch die Challenge durchziehen möchte. Ich lege das Handy wieder zurück. Geschummelt wird ja nicht! Der Klang einer französischen Stimme lässt mich nun genauer hinhören. Ein junges Paar unterhält sich vor mir auf Französisch. Und da ich diese Sprache sehr mag, lausche ich gespannt dem Gespräch und versuche Wortfetzen davon zu verstehen. Beim Heimfahren von der Arbeit bin ich etwas unruhig, denn normalerweise ist das die Zeit wo ich mit meiner Mama telefoniere. Eigentlich nutze ich die U-Bahnfahrten sehr häufig für Telefonate. Durchbeißen!

Tag 6
Es ist Mitte der Woche und ein großer Teil der Challenge ist bereits geschafft. Der Weg zur Arbeit und wieder heim verläuft ruhig. Meiste Zeit sitze ich einfach da, bin in Gedanken versunken oder beobachte andere Leute. Aber alles in allem macht es mir nicht mehr so viel aus, nicht mehr aufs Handy zu sehen. Es ist ja auch nicht unbedingt notwendig.

Tag 7
Der letzte Tag der Challenge ist da. Es fühlt sich nun schon fast normal an, nicht mehr auf das Smartphone zu sehen. Am späteren Nachmittag mache ich mich auf zu den letzten Vorlesungen. Danach bin ich mit Studienkollegen verabredet. Kurz vor Mitternacht fahre ich mit der U-Bahn heim. Zeit checken wäre jetzt zwar sinnvoll, aber ich darf so kurz vor Ende der Challenge nicht schwach werden.

Fazit:
Was mich die Challenge gelehrt hat?
Naja, mir wurde bewusst wie wichtig mir der Blick aufs Smartphone über die Jahre geworden war.
Wie abhängig ich eigentlich war, nämlich immer „up to date“ sein zu wollen. Diese Einsicht hatte ich schon früher, aber durch die Challenge wurde es mir noch viel klarer und ich hatte das Gefühl, dass ich etwas ändern muss. Ich würde nicht sagen, dass ich ab jetzt komplett ohne Handy leben werde, denn das wäre gelogen, aber ich möchte meine Sinne schärfen, den Umgang einfach viel bewusster gestalten. Nur dann zum Handy greifen, wenn es wirklich einen Nutzen bringt und vor allem in den Öffis versuchen, darauf zu verzichten. Denn es gibt tausend andere Möglichkeiten, die man währenddessen tun kann. Außerdem geht man dann viel aufmerksamer durch die Welt.

Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass es sowieso viel wichtiger ist in der Realität zu leben, und dass man das Leben nicht von einem kleinen Kästchen namens Smartphone dominieren lassen sollte. In Zukunft werde ich versuchen, der Sache die ich gerade tue die volle Aufmerksamkeit zu schenken, ohne dabei am Handy zu hängen.

Text: Karina Sch./Foto: pexels